Scharfe Kritik am US-Gesetz gegen Spam

US-Amerikanische Antispam-Aktivisten sind mit dem jüngst vom US-Senat beschlossenen Can-Spam-Bill nicht einverstanden und üben heftige Kritik.

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Von
  • Holger Bruns

US-Amerikanische Antispam-Aktivisten sind mit dem jüngst vom US-Senat beschlossenen Can-Spam-Bill nicht einverstanden und üben heftige Kritik. Unerwünschte Werbung per E-Mail soll nach diesem Gesetzentwurf in den USA nicht grundsätzlich verboten werden. Eine Lizenz zum Spammen sei dies, urteilt die Coalition Against Unsolicited Email (CAUCE).

Spam bleibe nämlich erlaubt, wenn sich die Werber an einige Spielregeln halten, halten die Kritiker fest. Vor allem dürfen die Spammer nicht mehr unter gefälschten Absenderadressen werben und müssen Pornographie als solche kennzeichnen. Ertappte Spammer, die gegen den Can-Spam-Bill verstoßen, müssten mit Haftstrafen bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafen bis zu fünf Millionen Dollar rechnen. "Das Gesetz ist ziemlich schlecht, mit Ausnahme einer Sache", kommentiert Julian Haight, Betreiber des Spamcop: "Es erlaubt der Federal Trade Commission (FTC), eine Do-Not-Spam-Liste zu betreiben."

Die FTC ist allerdings keineswegs verpflichtet, sondern nur berechtigt, die Do-Not-Spam-Liste tatsächlich ins Leben zu rufen. Diese Liste wäre mit der Do-Not-Call-Liste vergleichbar, in die sich bei der Federal Communications Commission (FCC) jeder Amerikaner eintragen kann, der keine kommerziellen Telefonanrufe mehr wünscht. Do-Not-Call ist in den USA inzwischen ein sehr gefragter Service. Seit 1991 hat die FCC für diese Liste die gesetzliche Ermächtigung in der Tasche, wartete dennoch über zwölf Jahre, um diese Liste auch einzurichten.

Die Antispammer von CAUCE befürchten, "solange die Do-Not-E-Mail-Liste nicht geschaffen wird, haben E-Mail-Vermarkter eine fast unbegrenzte Lizenz, soviel Spam zu senden, wie sie wollen, wenn sie bei der Wahrheit bleiben." Diese Lesart sei des Spammers Traum und des Konsumenten Alptraum. Andererseits setzt der Gesetzentwurf genau dort mit dem Hebel an, wo die Spammer ihre Aktivitäten absichern. Die gesetzlich geforderte Kennzeichnung von Pornographie würde diese Angebote leicht ausfilterbar machen. Mit gefälschten Absendern verschleiern Spammer bisher ihre Identität vor ihren Spamopfern mehr oder minder geschickt, um sich vor dem Zorn der Empfänger zu schützen.

Aber auch die Rechte privater Konsumenten würde das Can-Spam-Bill maßgeblich einschränken. "Wir könnten Spammer nicht mehr für Beschädigungen haftbar machen", gibt Spamcop Haight zu bedenken. "Es wäre nicht mehr erlaubt, sie vor Gericht zu verklagen." Das Gesetz erlaubt es nur der Regulierungsbehörde FTC, der Staatsanwaltschaft und den Internet-Providern, aktiv gegen Spammer vorzugehen. "Das bedeutet in der Praxis", urteilt CAUCE, "dass die Durchsetzung des Gesetzes nur gelegentlich und selten stattfinden wird."

Noch ist der Can-Spam-Bill nicht in Kraft. Erst wenn der Gesetzesentwurf auch vom Repräsentantenhaus verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet wird, wird aus dem Entwurf geltendes Recht. Dann würde der Can-Spam-Bill allerdings die Anti-Spam-Gesetze außer Kraft setzen, die heute bereits in einzelnen Bundesstaaten existieren und oft besser durchdacht sind. "Wir befürchten den Abbau von Konsumentenrechten und Konsumentenschutz", meint CAUCE. Die Organisation wirft dem US-Kongress vor, die Sichtweisen der finanziell gut ausgestatteten Werbelobby über die Konsumenteninteressen zu setzen.

Die US-amerikanische Spamwelle könnte also (weltweit) weiterrollen. Spamcop Julian Haight denkt gar nicht erst daran, dass der Can-Spam-Bill auf seine Website mit den schwarzen Listen erkannter Spamquellen einen maßgeblichen Einfluß hat: "Was mich betrifft: Ich werde von dem Gesetz nicht aufgehalten, weiter zu tun, was ich für richtig halte." (Holger Bruns) / (hob)