Schlamperei beim insolventen Provider Gigabell

Der vorläufige Insolvenzverwalter findet ein großes organisatorisches Durcheinander und viele offene Fragen bei Gigabell vor.

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Von
  • Christian Rabanus

Der vorläufte Insolvenzverwalter Dirk Pfeil, den das Amtsgericht Frankfurt am Main nach Gigabells Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bestellt hatte, trifft bei seiner Arbeit auf unerwartete Schwierigkeiten. Wie Pfeil c't mitteilte, sei es sehr schwierig, alle nötigen Unterlagen für seine Arbeit zusammenzutragen. Pfeil muss ein Gutachten über die finanzielle Situation des Frankfurter Unternehmens erstellen, auf dessen Grundlage das Gericht über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entscheiden wird.

"Manchmal lobe ich mir doch die Zustände in der Old Economy", klagte er im Gespräch mit c't. Die Aktenführung bei Gigabell entspreche nicht dem, "was man eigentlich hätte erwarten müssen". So sei es sehr schwierig, sich einen Überblick über die flüssigen Mittel des Unternehmens zu verschaffen. Die prekäre Situation der Firma werde aber beispielsweise daran deutlich, dass aufgrund offener Rechnungen die Stadtwerke mittlerweile drohten, Strom und Wasser abzustellen.

Zu den Problemen mit dem Investor Costingham, mit dem Gigabell nach eigenen Angaben eine Kapitalerhöhung über 48 Millionen Mark vereinbart hatte, konnte Pfeil noch nichts Definitives sagen. Er habe den Vertrag noch nicht gesehen, man habe ihm aber berichtet, dass es neben dem Vertrag noch eine bisher verschwiegene Nebenabrede gebe. In dieser sei festgehalten, dass der Investor dann, "wenn er nicht zahlt, das eben läßt", berichtete Pfeil. Genauere Erkenntnisse erhofft er sich in den nächsten Tagen.

Nach Recherchen von Financial Times Deutschland und PC-Online handelt es sich bei Costingham um eine dubiose Firma. Ursprünglich in Irland ansässig, sei sie von Amts wegen geschlossen und kurze Zeit später auf den Bahamas wieder eröffnet worden. Eine Adresse von Costingham habe Gigabell noch nicht herausgegeben, so die beiden Medien.

Die Affäre um Gigabell wirft auch kein gutes Licht auf den Aufsichtsrat der Firma, der bis zum 25. August im Amt war. Aufsichtsratsvorsitzender war der ehemalige Postminister Christian Schwarz-Schilling. Am 25. August gab Gigabell die Auswechslung des gesamten Aufsichtsrats bekannt. Schwarz-Schilling begründete sein Ausscheiden damit, dass die "Gigabell AG gereift und an den Aufgaben der Vergangenheit gewachsen" sei. Seine Aufgabe der Start-up-Begleitung sei erledigt. Am 25. August gab Gigabell auch die Vereinbarung mit Costingham über die Kapitalerhöhung bekannt.

Der neu berufene Aufsichtsrat um Markus Ross ist nach Informationen der Financial Times Deutschland inzwischen nach Differenzen mit dem Vorstand schon wieder zurückgetreten. Hans-Christian Hauck, einer der zurückgetretenen Aufsichtsräte, sagte dem Blatt, dass der Vorstand ihn und seine Kollegen nicht ausreichend oder gar irreführend informiert habe.

Die Aktie von Gigabell ist derzeit hohen Kursschwankungen ausgesetzt. Schon nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens prophezeiten Analysten, dass die Aktie zum "Zockerpapier" verkommen würde. Das scheint sich jetzt zu bestätigen. Gegen 15 Uhr kostete das Papier knapp vier Euro. (chr)