Schwerer Transrapid-Unfall auf Versuchsstrecke [3. Update]

Bei einem Zusammenstoß des Hochgeschwindigkeitszugs mit einem Werkstattwagen auf der Versuchsstrecke im niedersächsischen Lathen sind mehrere Menschen ums Leben gekommen.

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Von
  • Nico Jurran

Bei einem Zusammenstoß des Hochgeschwindigkeitszugs Transrapid mit einem Werkstattwagen auf der Versuchsstrecke im Emsland sind laut Agenturberichten mehrere Menschen ums Leben gekommen. Das Unglück ereignete sich bei einer Testfahrt einen Kilometer nördlich des Ortes Lathen gegen 9:30 Uhr heute Morgen. An Bord des Zuges sollen sich zu diesem Zeitpunkt rund 30 Personen befunden haben. Mindestens 20 Menschen sollen verletzt worden sein. Entgegen ersten Berichten blieb der Transrapid auf seiner Trasse, allerdings sollen mehrere große Wrackteile heruntergefallen sein.

Die führerlose Magnetschwebebahn, die zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h gefahren sein soll, hob den Werkstattwagen nach Augenzeugenangaben an und schob ihn 500 bis 700 Meter über die Strecke. Nach Angaben der Rettungsmannschaften brachen in den Fahrzeugen anschließend zwei Feuer aus. Rund 150 Hilfskräfte sind derzeit im Einsatz. Die Rettungsarbeiten gestalten sich schwierig, da sich die Trasse mit den Zügen in einer Höhe von fünf bis sieben Metern befindet. Zur Bergung der Opfer wurden Drehleitern der Feuerwehr angefordert. Mit zwei Autokränen wird versucht, den Werkstattwagen vom völlig zerstörten Vorderteil des Transrapids abzuheben.

Gebaut und vermarktet wird der Transrapid von Transrapid International, einem Gemeinschaftsunternehmen der Siemens AG und der ThyssenKrupp AG. Die einzige kommerzielle Transrapidstrecke der Welt existiert in China. Der Transrapid Shanghai führt auf einer 30 km langen Strecke von der Station Lóngyáng-Straße in einem Außenbezirk Shanghais zum Flughafen Pudong. Hier hatte es im August auch bereits einen Transrapid-Zwischenfall gegeben: In der Magnetschnellbahn war während der Fahrt ein Brand ausgebrochen, den die Feuerwehr aber nach kurzer Zeit löschen könnte. Verletzt wurde seinerzeit niemand.

Die Fahrt des Transrapid Shanghai dauert acht Minuten, nach 3,5 Minuten beziehungsweise 12,5 Kilometern erreicht der Zug die Betriebsgeschwindigkeit von 430 km/h. Geplant ist eine Verlängerung um 160 Kilometer bis Hangzhou. Am 12. November 2003 erreichte der Transrapid in Shanghai eine Spitzengeschwindigkeit von 501 km/h.

Seit 1984 fährt der Transrapid auf der derzeit weltgrößten Testanlage für Magnetschwebefahrzeuge im Emsland. Auf der 31,8 Kilometer langen Versuchsanlage erreicht die Schnellbahn Geschwindigkeiten von bis zu 450 Stundenkilometern. Im Schnitt kommen mehr als 1000 Gäste am Tag zur Anlage; Privatpersonen konnten bislang für 18 Euro an einer Transrapid-Testfahrt teilnehmen.

Nach Angaben der IABG, ihres Zeichens Betreiberin der Transrapid-Versuchsstrecke in Lathen, werden vielfältige Aktivitäten mit Radfahrzeugen unterschiedlichster Bauart erledigt. Diese Fahrzeuge sind teilweise mit hydraulisch verfahrbaren Arbeitsbühnen ausgestattet. Dies dürfte die Angaben in mehreren Presseberichten erklären, wonach der Transrapid mit einer Arbeitsbühne kollidiert sei.

Im Herbst soll über den Bau einer Anbindung des Flughafen Franz-Josef Strauß mit der Münchener Innenstadt entschieden werden. Dieses Projekt könnte aber an einer Finanzierungslücke scheitern.

Update:
Mittlerweile wurde nach Angaben der ARD ein Todesopfer bestätigt, zehn Menschen sollen lebend gerettet worden sein. Nach Polizeiangaben schwebe keine der geretteten Personen mehr in akuter Lebensgefahr. Ein Polizeisprecher sagte fast vier Stunden nach dem Unglück, es seien immer noch Menschen im Zug. Da sich zum Zeitpunkt des Unglücks insgesamt 29 Personen an Bord des Transrapid befunden haben sollen, wird mit bis zu 19 Todesopfern gerechnet.

2.Update:
Nach den Angaben der IABG handelte es sich bei der Unglücksfahrt um eine Mess- und nicht um eine Besucherfahrt. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand habe die Unfallursache keinen technischen Hintergrund, sondern sei auf menschliches Versagen zurückzuführen. "Wir sind tief betroffen über diesen Vorfall und werden schnellstmöglich die genauen Hintergründe klären", so Prof. Dr. Rudolf Schwarz, Geschäftsführer der IABG in einer Pressemitteilung.

3. Update:
Die Polizei teilte am Abend mit, dass inzwischen 15 Tote geborgen seien. Mittlerweile gehe man davon, dass bis zu 21 Menschen das Unglück nicht überlebt hätten. Im Transrapid sollen sich 29 Personen befunden haben, darunter Angehörige von Transrapid-Mitarbeitern und Angestellte des Energiekonzerns RWE auf Betriebsausflug. Im Werkstattwagen hätten sich zum Zeitpunkt des Unfalls zwei Arbeiter aufgehalten. (nij)