Senator verlangt Aufschub bei Umstellung auf ODF in Massachusetts

Im September 2005 entschied sich die Regierung des Bundesstaats, das Open Document Format fĂŒr die Behörden einzufĂŒhren. Diese Entscheidung sei nicht rechtens zustande gekommen, meint nun ein Senator.

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Marc Pacheco, Senator im US-Bundesstaat Massachusetts, kritisiert die HintergrĂŒnde der Entscheidung der Regierung seines Bundesstaats, ab Anfang kommenden Jahres das Open Document Format (ODF) fĂŒr alle Behörden vorzuschreiben. Sie sei nicht rechtens zustande gekommen und berĂŒcksichtige nicht ausreichend die BedĂŒrfnisse von Behinderten. Die Entscheidungen seien nicht fĂŒr Außenstehende transparent getroffen worden. So heißt es laut US-Medien in einem Bericht des fĂŒr die Haushaltskontrolle zustĂ€ndigen Senatsausschusses, dem Pacheco vorsteht.

In dem Bericht Open Standards, Closed Government: the ITD's Deliberate Disregard for Public Process heißt es demnach, die fĂŒr die IT des Bundesstaats zustĂ€ndige Information Technology Division (ITD) habe ein Modell entwickelt, ohne die Interessen von Betroffenen ausreichend zu berĂŒcksichtigen und eine realistische Kostenanalyse vorzunehmen. Die ITD habe auch nicht die rechtliche Befugnis, technische Standards zu setzen.

Nach dem im September 2005 beschlossenen Enterprise Technical Reference Model will Massachusetts ab 1. Januar 2007 ODF bei Office-Anwendungen fĂŒr seine elektronischen Dokumente nutzen. Damit schien es zunĂ€chst, als wĂŒrden Microsoft-Anwendungen in dem Bundesstaat nicht mehr in Frage kommen. Doch Ende November 2005 meinte der Finanzminister des Bundesstaats, Thomas Trimarco, Microsoft könne die ab 2007 geltenden Vorschriften ĂŒber die Verwendung bestimmter Dokumentenformate eventuell doch noch erfĂŒllen. Die Redmonder hatten zuvor angekĂŒndigt, ihr Dokumentenformat Office Open XML als offenen Standard bei der europĂ€ischen Organisation ECMA International anzumelden.

Pacheco beschuldigt den ehemaligen Finanzminister Eric Kriss und den ehemaligen ITD-Chef Peter Quinn, auf eigene Faust gehandelt zu haben. Kriss sieht laut Boston Globe die VorwĂŒrfe als unbegrĂŒndete Unterstellungen an. Quinn war bereits im November 2005 durch einen Artikel in der gleichen Zeitung unter Beschuss geraten, indem ihm indirekt Bestechlichkeit vorgeworfen wurde. Ende Dezember 2005 trat Quinn zurĂŒck.

Pacheco fordert, den Termin fĂŒr die EinfĂŒhrung der ODF-Bestimmungen aufzuschieben, bis die angemahnten Probleme beseitigt seien. Das soll auch im Interesse des Disability Policy Consortium sein. Dieses hatte vor Monaten bereits in einem Bericht festgestellt, dass beispielsweise blinde Mitarbeiter mit Hilfe der meisten Microsoft-Anwendungen kompetent und produktiv arbeiten könnten. Viele Produkte fĂŒr Behinderte seien von Microsoft zusammen mit den Hardware-Herstellern entwickelt worden. Das Konsortium befĂŒrchtet, durch die Umstellung auf andere Software wĂŒrden Behinderte benachteiligt. Es benötige mehr Zeit, um die alternativen Anwendungen wie OpenOffice zu prĂŒfen. Gouverneur Mitt Romney betonte hingegen am Dienstag dieser Woche, seine Regierung werde bei der Umsetzung des Referenzmodells festhalten. (anw)