Sensible Überwachung: Kameras sollen KZ-Gedenkstätten schützen

Der Diebstahl eines historischen Tors in der KZ-Gedenkstätte Dachau hat zu einem Umdenken in Bayern geführt. Künftig sollen Videokameras für Sicherheit sorgen. Anderswo ist das schon an der Tagesordnung.

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Sensible Überwachung: Kameras sollen KZ-Gedenkstätten schützen

(Bild: Matt Baume, CC BY-SA 2.0)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Cordula Dieckmann
  • dpa

KZ-Gedenkstätten sind Orte der Trauer. Wer sich an die Nazi-Opfer erinnern will, soll dies ungestört tun können. Von dieser Position rückt die Stiftung Bayerische Gedenkstätten nun ab. Die Gedenkstätten in Dachau und Flossenbürg werden künftig mit Videokameras überwacht, sagte Stiftungsdirektor Karl Freller am Montag in München. Auch Sicherheitskräfte sollen stärker als bisher Streife gehen. Bislang galten Kameras an derartigen Orten als unvorstellbar, sind die ehemaligen Lager doch bis heute Sinnbild für den Überwachungs- und Unterdrückungsstaat der Nationalsozialisten. Doch der Wunsch nach Sicherheit überwiegt, seit im November 2014 ein historisches Tor der Dachauer Gedenkstätte von Unbekannten gestohlen wurde.

Hinweise auf die Diebe gibt es nach Auskunft des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle (CSU) immer noch nicht. Weiter verschwunden ist auch das 100 Kilogramm schwere Tor, das als zentrales Symbol für den Leidensweg der Häftlinge gilt. Seine zynische Inschrift "Arbeit macht frei" prangte als Toraufschrift auch über anderen NS-Konzentrationslagern. Holocaust-Überlebende wie Max Mannheimer waren damals schockiert. Das Andenken an die an diesem Ort Ermordeten sei geschändet und die Pietät des Ortes angetastet worden, hatte der Vizepräsident des Internationalen Dachau-Komitees erklärt.

Genau diese Pietät macht es auch nicht ganz einfach, ein Konzept für die Videoüberwachung zu erstellen. Schließlich werde in Gedenkstätten ähnlich wie auf Friedhöfen getrauert und geweint, sagte Freller. Dies müsse auch weiter in einem intimen Rahmen möglich sein. Assoziationen mit der nationalsozialistischen Dauerüberwachung will der Freistaat vermeiden. Kameras auf den alten Wachtürmen soll es deshalb nicht geben, dafür aber auf den Zufahrtsstraßen oder im Eingangsbereich sowie an ausgewählten Stellen im Inneren, um unersetzliche Erinnerungsstücke wie Briefe oder Häftlingskleidung zu schützen.

Andere KZ-Gedenkstätten, wie etwa Buchenwald, setzen bereits Videoüberwachung ein.

(Bild: Lars K Jensen, CC BY 2.0 )

Auch andere deutsche KZ-Gedenkstätten nutzen die Videotechnik, so etwa Bergen-Belsen. Dort werde das Museum mit Dauerausstellung und Sammlung umfangreich mit Kameras überwacht, sagte der Geschäftsführers der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner. Hundertprozentige Sicherheit vor Diebstahl und Übergriffen gebe es aber nicht. "Und auch der Video-Überwachung sind in Bereichen, in denen Besucher mit ihren Gefühlen konfrontiert werden und die eine gewisse Intimität erfordern, ethisch-moralisch zumindest gewisse Grenzen gesetzt", erklärte Wagner.

Kameras gibt es auch in den Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück in den Ausstellungen. Das Gelände sei zu groß, sagte der Sprecher der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Horst Seferenz. Zudem gebe es kein Aufsichtspersonal mehr.

Auch die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora setzt Kameras ein. Dazu hatte sich die Stiftung nach den Brandanschlägen auf die Holzbaracken in der Gedenkstätte Sachsenhausen in den 90er Jahren entschlossen. "Wir haben aber den Eindruck, dass etwa Schmierereien mit Hakenkreuzen und andere Vorfälle im vergangenen Jahr sowohl in Qualität als auch in Quantität zugenommen haben", sagte Stiftungssprecher Philipp Neumann-Thein. (mho)