Serienrückblick Star Trek Discovery: Wir sind die Sternenflotte!

Seite 2: Deus Ex Planetenbombe

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Wenn Star Trek Discovery eines vorzuwerfen ist, dann, dass die Serie an vielen Stellen einfach zu bombastisch, zu Over-The-Top ist. Nach flottenvernichtenden Raumschlachten, dem Riesenflaggschiff der Terraner und einer ekelerregenden Szene, in der Michael Burnham einen Landsmann ihres guten Freundes Saru verspeisen muss, mündet der Plan zur Rettung der Föderation in einen Kamikaze-Angriff auf Qo'noS. Die Discovery springt dabei in eine Höhle im Inneren des Klingonen-Heimatplaneten. Wem der magische Pilzsporen-Ultimativsprungantrieb (Displacement-Activated Spore Hub Drive, kurz: DASH) noch nicht Deus ex machina genug war, der kommt hier voll auf seine Kosten.

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Achtung: Dieser Artikel enthält haufenweise Spoiler für die komplette erste Staffel von Star Trek Discovery.

In der über fünfzigjährigen Geschichte von Star Trek gab es wohl kaum einen Plan oder eine Technik, die so absurd war wie das hier gezeigte. Bei Voyager hatte man noch groß und breit darauf bestanden, dass ein Föderationsschiff, das die Belastung eines Planeten-Magnetfeldes bei einer Landung aushält, revolutionär neu sei. Passenderweise hat die Sternenflotte alle durch die Discovery erlangten Wissensvorsprünge sofort für ultra-geheim erklärt.

Shazad Latif und Sonequa Martin-Green spielen ihre Figuren hervorragend.

(Bild: CBS / Netflix)

Das Erstaunliche dabei ist: Die Serie funktioniert trotzdem. Das liegt wohl daran, dass die Geschichte im Kern gut geschrieben ist und vor allem daran, dass ohne Ausnahme alle Schauspieler in Sprechrollen eine hervorragende Leistung abliefern. Selbst in ihren besten Zeiten waren die Stars von The Next Generation und Deep Space Nine nicht so überzeugend, wie es Sonequa Martin-Green, Jason Isaacs, Michelle Yeoh und Jayne Brook sind. Besondere Ehre gebührt allerdings Shazad Latif, der nicht nur den zutiefst zerrütteten Ash Tyler, sondern auch den Klingonen-Fanatiker Voq gleichermaßen brillant auf die Leinwand bringt. Nicht zuletzt sein mit überzeugender Stimmenverstellung vorgetragenes Klingonisch ist dabei bewundernswert.

So fotogen war Star Trek bisher noch nie; Kinofilme eingeschlossen.

(Bild: CBS / Netflix)

Schafft man es, über die erzählerischen Schwächen hinwegzuschauen, darf man neben herausragenden schauspielerischen Leistungen vor allem auch eine Serie bewundern, die Stil hat. Kostüme, Sets, Beleuchtung, szenische Einstellungen und Spezialeffekte sind zwar nicht typisch Star Trek, aber das ist auch gut so. Denn sie sind besser, als wir das aus TNG, Voyager und Enterprise gewöhnt sind. Discovery hat dafür großzügig bei anderen abgekupfert: Das Innere der Föderationsschiffe sieht oft sehr nach The Expanse aus und das Paralleluniversum wirkt wie eine Homage an Warhammer 40.000. Entscheidend ist, dass es die Macher der Serie nach allen Widrigkeiten in der Produktion hinbekommen haben, das alles zu einem großen Ganzen zusammenzufügen, das Spaß und vor allem Lust auf mehr macht.

Die Discovery triff auf ein Schiff, dessen Silhouette eingefleischten Trekkies eine Gänsehaut den Rücken herunter laufen lässt.

(Bild: CBS / Netflix)

Im Nachhinein betrachtet ist die Titelsequenz der Serie perfekt: Sieht nicht aus und klingt ganz lange nicht wie Star Trek, nur um ganz am Ende mit einem großen, wagneresken Rundumschlag zum Titel-Thema des Original-Kinofilms von 1979 zurückzukehren. Die Serie schafft es, nach Irrungen und Wirrungen im Plot der 15 Folgen einen ähnlichen Bogen zum Anfang der Geschichte zu schlagen. Und, wie die letzten zwei Minuten verraten: Sie schlägt den Bogen eben auch zur Originalserie und deren Pilotfilm "The Cage". Am Ende von Discovery sehen wir die NCC-1701 – unter dem Kommando von Captain Pike wohlgemerkt! Und es erklingt die Titelmusik eben jener Originalserie zum Abspann. Das muss auch eingefleischten Trekkies Lust auf mehr machen. Glücklicherweise ist eine zweite Staffel Discovery schon bestellt.

Star Trek Discovery ist in Deutschland exklusiv auf Netflix verfügbar. (fab)