IFA

Sex, Spiele und Services

Marktforscher sind sich einig: Altbewährte Inhalte werden die zukünftigen Medienwelten beherrschen.

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Die Medienkonvergenz zwischen Fernsehen, Internet und Mobilfunk ist das beherrschende Thema auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin. Doch nach jahrelanger Diskussion über die verschmelzenden Medien-Wunderwelten hat so mancher Beobachter den Glauben an die erhoffte Revolution im Bereich der neuen Nutzungsmöglichkeiten aufgegeben. Das viel gepriesene "interaktive Entertainment", das den zuschauenden Anwender beziehungsweise den anwendenden Zuschauer in Zukunft auf stationären wie mobilen digitalen Endgeräten erreichen soll, unterscheidet sich zumindest laut Klaus Goldhammer nur geringfügig von heutigen "Partizipationsmöglichkeiten" beim Fernsehen. Dies machte der Gründer des Berliner Beratungshauses GoldMedia am heutigen Donnerstag auf dem Medienforum Berlin-Brandenburg am Rande der IFA klar. Die Killer-Applikationen werden seiner Meinung nach vor allem "Spiele und Wetten" sein.

Seine These leitet Goldhammer aus Erfahrungen im englischen Markt fürs digitale Fernsehen ab, der als führend in Europa gilt. Beim Londoner Anbieter Two Way TV etwa sind "Games" mit 44 Prozent der am zweithäufigsten genutzte Dienst. Davor rangiert nur der elektronische Programmführer von Two Way. Shopping und Internetzugang liegen mit 18 beziehungsweise 9 Prozent abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Bildungsangebote, die bei Umfragen im Vorfeld 36 Prozent der potenziellen Nutzer abrufen wollten, wurden so gut wie gar nicht nachgefragt. Die Spiele selbst, so Goldhammer, seien keineswegs aufwändige Spiele wie von der Konsole her gewohnt. Vielmehr seien die Engländer ganz verrückt nach Wetten, wie ein Fußballspiel ausgehe, oder ähnlichen kleinen, direkt in den Programmlauf integrierten Gimmicks. In Frankreich gebe es ähnliche Erfahrungen: Dort sei das interaktive Pferdewettsystem der absolute Renner.

"Lazy Entertainment", glaubt Goldhammer daher, wollen die Zuschauer, keine Shopping-Angebote, bei denen man auf den Pulli oder die Sonnenbrille klicken muss. Völlig überfordern würde die Nutzer gar, wenn sie ständig über den weiteren Verlauf eines Films entscheiden müssten. Derlei Visionen, die im Vorfeld der Durchsetzung des interaktiven Fernsehens immer wieder ausgebreitet wurden, sind heute aus der Mode gekommen.

Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommt das Beratungshaus VisionConsult Berlin. Für die hybriden Netze aus digitalem Rundfunk und den Mobilfunkgenerationen der nächsten Generation präferieren die Anbieter nach Erkenntnisse der Firma das "Triple-S-Szenario": Sex, Spiele und Services werden demnach die Umsatzbringer sein. "Erlebniswelten", sind gefragt, erklärte Jean Claude Bisenius von VisionConsult, auf dem Medienforum. Bei den Diensten interessiere die Nutzer vor allem "Mittel zur sozialen Interaktion" wie E-Mail oder SMS. (Stefan Krempl) / (jk)