Sibel's Journey: Lernspiel zu Identität, Sexualität und Selbstbehauptung
In dem Educational-Adventure "Sibel's Journey" können Jugendliche und Erwachsene mehr über LGBTQIA+, die eigene Identität und sensible Sprache lernen.
Was bedeutet eigentlich "Pride" und aus welchen Worten setzt sich "LGBTQIA+" zusammen? Das können Jugendliche und Erwachsene mit dem Point-&-Click-Adventure "Sibel's Journey" für Mobilgeräte lernen.
Die Spielenden werden mit auf eine Reise nach Berlin genommen, wo die 13-jährige Sibel Familienangehörige und Freund:innen besucht. Während sie sich mit Freunden, Verwandten und Fremden unterhält, erfährt sie immer mehr über verschiedene Geschlechtsidentitäten und wie darüber sensibel oder auch unsensibel gesprochen werden kann.
Interaktiv gestalteter Comic
Spielende erhalten für den Fortgang der Geschichte einen Einblick in Sibels Smartphone. Dort können Chats mit den Protagonist:innen gelesen und fortgeführt werden, im Laufe der Zeit sammeln sich dort aber auch Definitionen zu kennengelernten Begriffen oder das Thema vertiefende Spiele.
Völlig frei kann Sibel auch nicht durch die Berliner Kulisse bewegt werden. Spielende werden mit ihr durch eine chronologisch erzählte Geschichte mit verschiedenen Szenerien geführt. Werden Aufgaben, Mini-Games oder Gespräche in diesen Szenen nicht zu Ende geführt, geht es auch mit dem Spielverlauf nicht weiter. Sibel's Journey gleicht damit einem interaktiv gestaltetem Comic.
Alles, was die Figuren erzählen, ist auch als Audiospur enthalten. Szenen werden mit passenden Geräuschkulissen untermalt.
Kontroversen mit Aussparung von Kontroversen
Das Spiel ist mit seinen Protagonist:innen in einem bunt durchmischten Milieu angesiedelt und setzt sich durch die Herkunft von Sibels Familie auch mit Pride-Festivitäten in der Türkei, speziell Istanbul auseinander. Allerdings spart es an dieser Stelle die großen kulturellen Spannungen und Gegenbewegungen vor Ort aus. Es verlegt sich eher darauf, Menschen darzustellen, die möglichst offen und positiv über verschiedene Geschlechtsidentitäten sprechen und ihnen gegenüber tolerant sind. Teilweise sind die Gespräche in ihren Inhalten repetitiv.
Anfeindungen und Gefahren für Menschen, die sich der LGBTQIA+- Community zuordnen, und die nicht nur "Allys" (Verbündete) sind, werden ebenfalls eher indirekt dargestellt. Wenn es um das Thema "Konsens" (Zustimmung) geht, wird die Konfrontation allerdings direkter. Spielende erleben, wie Sibel von einem Online-Kontakt bedrängt wird und wie sie sich in der Konfrontation selbst behaupten kann.
Hier wird eines der wichtigsten Konzepte des Spiels sehr deutlich: Verhandelt es Konflikte, versucht es eine Sprache zu finden und vorzustellen, die Menschen dabei helfen kann, zu sich selbst und ihren persönlichen Grenzen stehen zu können. Es bietet damit eine Anleitung für sensible Kommunikation und führt eine Sprache für Selbstbestimmung vor.
Per Crowdfunding gestartet
Entwickelt wurde das Lernspiel vom Berliner Kollektiv "Food for Thought Media", welches sich 2019 gegründet hat. Es wurde per Crowdfunding, als auch mit einer Förderung des Medienboard Berlin-Brandenburg finanziert.
Sibel's Journey richtet sich laut der Macher:innen unter anderem an Lehrkräfte und Menschen in der Jugendarbeit, die Workshops buchen können, damit das Lernspiel in Unterricht oder Freizeit eingesetzt werden kann. Die Workshops sind mit Kosten verbunden, das Spiel wäre für Schüler:innen in diesem Zusammenhang aber kostenlos. Zudem soll es die Möglichkeit geben, Lehrkräfte oder Eltern zu Coaches auszubilden, um den zugehörigen Workshop fortlaufend anbieten zu können.
Vorgesehen ist Sibel's Journey für Jugendliche der Klassenstufen sechs bis zehn (11-15 Jahre). Das Spiel ist auf Deutsch, Englisch und Türkisch verfügbar. In den App-Stores von Google und Apple werden dafür 5,99 Euro aufgerufen. Am 18. April 2023 wurde es allgemein veröffentlicht. Heise online wurde Sibel's Journey kostenlos zum Testen zur Verfügung gestellt.
(kbe)