Sicherheitskatalog: Bund stellt bei 5G die Vertrauensfrage

Seite 2: 5G ist Vertrauenssache

Inhaltsverzeichnis

(Bild: heise online/vbr)

Hinsichtlich des umstrittenen Einsatzes chinesischer Technik in 5G-Netzen – alle drei deutschen Netzbetreiber planen ihr Funknetz auch mit Huawei – verdient das Kapitel zur Vertrauenswürdigkeit der Lieferanten und Hersteller besondere Aufmerksamkeit. Lieferanten und Ausrüster müssen demnach detaillierte Zusicherungen in Bezug auf Produktintegrität und Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen machen. Bei Verstößen sollen Vertragsstrafen greifen, die individuell auszuhandeln sind.

Netzbetreiber sollen demnach insbesondere verpflichtet werden, ihre Bezugsquellen auf Vertrauenswürdigkeit zu untersuchen. Dazu müssen sie eine umfassende Erklärung der Lieferanten einholen, in der diese unter anderem versichern, dass sie keine Informationen an Dritte weitergeben, dass Informationen nicht an "ausländischen Stellen" gelangen und dass sie tatsächlich in der Lage sind, die "Weitergabe von vertraulichen Informationen von oder über seinen Kunden an Dritte abzulehnen".

Diese Bedingungen sind maßgeschneidert für den Einsatz von Huawei in deutschen Netzen. Der wird nicht nur in der Union mit Skepsis gesehen: Abgesehen von bisher unbewiesenen Spionagevorwürfen der US-Regierung zeigen sich deutsche Politiker aller Fraktion besorgt, dass Huawei zur Zusammenarbeit mit der chinesischen Regierung gezwungen werden könnte. Mit den entsprechenden Zertifizierungen und der glaubhaften Versicherung, nicht von Peking zur Kooperation gezwungen zu werden, stünde dem Einsatz von Huawei nichts im Wege.

Huawei begrüßte den "sachorientierten und auf technischen Standards basierenden Ansatz" der Bundesregierung. "Dadurch bleiben gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle 5G-Netzausrüster erhalten", erklärte ein Sprecher gegenüber heise online. "Deutschland hat für alle Anbieter höhere und einheitliche Sicherheitsstandards festgelegt." Damit würden "alle Technologieanbieter gleichermaßen eingeladen, sich fair am Wettbewerb um die Bereitstellung von 5G-Technologie zu beteiligen, wenn sie die Sicherheitsanforderungen erfüllen." Huawei verspricht, "transparent mit Regulierungsbehörden, Kunden und Branchenorganisationen zusammenarbeiten."

Doch will sich die Bundesregierung für den Fall der Fälle offenbar eine Option offen halten. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, soll die Bundesregierung einem Lieferanten trotz Zertifizierung durch das BSI die Zulassung verweigern können, wenn Bundeskanzleramt, Auswärtiges Amt, Innen- und Wirtschaftsministerium einvernehmlich Bedenken haben. Zuletzt hatte die britische Regierung eine Kehrtwende vollzogen und will Huawei nun vom Ausbau ausschließen.

Der Sicherheitskatalog wird nun zur Notifizierung der Europäischen Kommission vorgelegt, die in Sachen 5G-Sicherheit bei einigen EU-Ländern noch Handlungsbedarf sieht. Bis zum Abschluss dieses Verfahrens kann es noch zu Änderungen kommen. Zudem können interessierte Parteien noch bis Ende September zur vorgeschlagenen Liste der kritischen Funktionen Stellung nehmen. Diese Liste soll zudem kontinuierlich aktualisiert und fortgeschrieben werden. Der rechtliche Rahmen soll mit Änderungen am Telekommunikationsgesetz und vor allem dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 bilden. Dabei ist die Bundesregierung auch durch die Corona-Krise in Verzug geraten; beim IT-Sicherheitsgesetz zieht sich die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien in die Länge. (vbr)