Siemens hat Probleme [Update]

Die Kommunikationssparte Com und der IT-Dienstleister SBS machen hohe Verluste; auch ohne das verlustreiche Handy-Geschäft gehen die Gewinne stark zurück.

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Von
  • dpa

Nach dem Verkauf der Not leidenden Handysparte lassen jetzt neue Krisenherde den Gewinn von Deutschlands größtem Elektrokonzern Siemens einbrechen. Auch ohne Berücksichtigung der Handy-Verluste sank der Siemens-Gewinn im abgelaufenen Quartal von 871 auf 625 Millionen Euro. Die Verluste in der Kommunikationssparte Com, beim IT-Dienstleister SBS und im Logistikbereich L&A seien enttäuschend, sagte Siemens-Chef Klaus Kleinfeld am Donnerstag in München. "Deshalb sind wir dabei, geeignete Maßnahmen zu treffen." Dies könne auch zu weiterem Stellenabbau führen. Die IG Metall rechnet vor allem bei SBS mit einem massiven Stellenabbau und Entlassungen. Die Aktionäre des taiwanesischen BenQ-Konzerns stimmten am Donnerstag dem Kauf der Siemens-Handysparte auf einer außerordentlichen Hauptversammlung zu.

Die Siemens-Zahlen fielen deutlich schlechter aus als von Analysten erwartet. Einschließlich der Handy-Verluste brach der Gewinn von 815 auf 389 Millionen Euro ein. Das operative Ergebnis der fortgeführten Bereiche sank im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2004/05 (30. September) von 1,3 Milliarden Euro auf 980 Millionen Euro. Kleinfeld hob dagegen das starke Umsatzwachstum um sieben Prozent auf 18,75 Milliarden Euro hervor. Der Auftragseingang habe sogar um neun Prozent auf 19,9 Milliarden Euro zugelegt. "Das zeigt, dass wir an Fahrt zugenommen haben." Die Siemens-Aktie war mit einem Minus von mehr als drei Prozent auf zeitweise 64 Euro aber Tagesverlierer im DAX.

Im dritten Quartal belasteten die Handys das Siemens-Ergebnis noch einmal mit einem Minus von 236 Millionen Euro. Finanzvorstand Heinz- Joachim Neubürger sagte, dass die Belastungen aus dem Ausstieg etwas niedriger seien als zunächst angenommen. "Wir rechnen nun mit leicht niedrigeren Exit-Kosten." Siemens gehe nun von etwa 300 statt ursprünglich 350 Millionen Euro vor Steuern aus.

Die Kommunikationssparte Com erzielte auch ohne die Mobilfunkgeräte ein negatives Bereichsergebnis von 70 Millionen Euro. Verantwortlich dafür waren laut Kleinfeld unter anderem ein hoher Preisdruck im Firmenkundengeschäft und die Restrukturierung des Geschäfts mit Netzbetreibern. Für die nächsten Quartale kündigte Kleinfeld weitere Belastungen bei Com im Zuge einer strategischen Neuausrichtung an. Auch auf der Führungsebene bei Com gab es Neubesetzungen. Die Kommunikationssparte arbeite daran, "Strukturprobleme im Festnetzbereich" zu beseitigen, wie sich das Management ausdrückte. Die Book-to-Bill-Ratio (also das Verhälts von Auftragseingang zu den Kunden in Rechnung gestellten Leistungen) sei immerhin größer als 1; Kunden setzten vor allem bei strategischen Produkten wie Voice-over-IP oder komplexen Netzwerk-Infrastrukturen auf Siemens.

Weiter in der Krise steckt auch der IT-Dienstleister SBS, der den Verlust im Quartal von 2 auf 109 Millionen Euro ausweitete. Kleinfeld kündigte an, dass die Wartungsarbeiten an Computern vor Ort verstärkt an Partner abgegeben werden sollen. "Wir rechnen mit einem Personalabbau im größeren Stil", sagte Michael Leppek von der IG Metall. Dabei seien im Gegensatz zu früheren Kürzungen auch zahlreiche Entlassungen zu befürchten. Der Konzern bezeichnete dies als "reine Spekulation".

Verluste machte mit einem Minus von 49 Millionen Euro nach einem Gewinn von 14 Millionen Euro auch die Logistiksparte L&A. Hier sei die strategische Neuausrichtung eingeleitet, sagte Kleinfeld. Noch im August müssten alle drei Bereiche eine Bestandsaufnahme vornehmen und erste Lösungsvorschläge machen. Ertragsperlen waren im abgelaufenen Quartal einmal mehr die Antriebssparte A&D (Bereichsergebnis 328 Millionen Euro), die Medizintechnik (241 Millionen) und die Energieerzeugung (224 Millionen). Im Gesamtjahr erwartet Siemens für die fortgeführten Bereiche einen Netto-Gewinn auf dem Niveau des Vorjahres von 3,1 Milliarden Euro.

In den gesamten neun Monaten des Geschäftsjahres sank der Siemens- Gewinn inklusive der Handy-Verluste auf 2,2 Milliarden Euro von 2,7 Milliarden vor einem Jahr. Der Umsatz legte bei herausgerechneter Handy-Sparte von knapp 52 Milliarden Euro auf 54 Milliarden zu. (dpa) / (jk)