Skeptische Reaktionen auf Megafusion

In den Vorstandsetagen von Hewlett-Packard und Compaq dürfte einen Tag nach der spektakulären Ankündigung einer Mega-Fusion heute eine leiche Katerstimmung überwiegen.

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Von
  • Wolfgang Stieler

In den Vorstandsetagen von Hewlett-Packard und Compaq dürfte einen Tag nach der spektakulären Ankündigung einer Mega-Fusion heute eine leichte Katerstimmung überwiegen. Die Börse, Wirtschaftsexperten und Medien schätzen die Marktchancen des fusionierten Computerkonzern eher skeptisch ein: Der Kurs von Compaq fiel um zehn Prozent, der Kurs von Hewlett-Packard sank um 19 Prozent und erreichte sogar einen neuen Tiefststand.

HP-Chefin Carly Fiorina hatte zwar betont, der fusionierte Konzern könne den Computergiganten IBM herausfordern, aber die kämpferische Ansage trifft auf gehörige Skepsis: Wirtschaftsexperten werten die Fusion eher als Zeichen von Schwäche denn als Zeichen von Stärke. "Zwei Verlierer", spottet beispielsweise Bob Djurdjevic von Annex Research gegenüber der New York Times, "machen keinen Gewinner". Beide Firmen hätten sich auf zentralen Geschäftsfeldern von der Konkurrenz "ausmanövrieren lassen", schreibt die Financial Times. Die Fusion sei daher rein defensiv; lediglich eine Möglichkeit Kosten zu sparen, um in Zeiten fallender Umsätze zusätzliche Gewinne einzufahren.

Analysten bezweifeln, dass Fiorina und Capellas die notwendigen Umstrukturierungen realisieren können, ohne die Moral der Belegschaft zu ramponieren und Kunden zu verschrecken. Die Giga Information Group kommentiert gar, dass in Bezug auf das gemeinsame Vermarktungs- und Vertriebsmodell auch das gemeinsame Kräftepotenzial kaum ausreichen dürfte, "um gegen Dell antreten zu können". Auch was das Geschäftsfeld Consulting und Services angeht, sind die Analysten von Giga skeptisch: "Weder HP noch Compaq könnten in diesem Bereich die Skills und die Kompetenzen vorweisen, die ein Tier-1-Dienstleister aufbringen muss, um gegen IBM antreten zu können."

Auch die Entscheidung, die Computermarke Compaq im Zuge der Übernahme durch Hewlett-Packard weitgehend verschwinden zu lassen, wird von Experten kritisiert: Die Marke Compaq hatte nach Berechnungen des Bewertungsunternehmens für Markennamen, Interbrand, einen Wert von etwa zwölf Milliarden Dollar. Damit rangierte der texanische Computerhersteller weltweit auf Platz 24 der wertvollsten Markennamen. Hewlett-Packard steht auf der Interbrand-Liste auf Platz 15, der Wert der Marke HP wird mit 18 Milliarden Dollar angesetzt. "Es ist falsch, einen derart teuer aufgebauten Namen sterben zu lassen", sagte der Professor für Marketing, Neil A. Morgan, von der Universität North Carolina, dem Wall Street Journal. (wst)