Smartwatch-Prozessor: Qualcomms Snapdragon W5+ Gen 1 für längere Laufzeiten

Mit dem Snapdragon W5+ Gen 1 sollen künftige Smartwatches längere Laufzeiten erreichen und dünner werden. Konzipiert ist der Chip unter anderem für Wear OS 3.0.

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(Bild: Qualcomm)

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Inhaltsverzeichnis

Qualcomm hat mit dem Snapdragon Wear 5+ Gen 1 einen neuen Prozessor für Smartwatches und ähnliche Wearables vorgestellt. Die gegenüber dem Vorgängermodell verkleinerte Fertigungsstruktur soll in Verbindung mit einem überarbeiteten Hybridmodus den Energiebedarf reduzieren. Dank geringerem Platzbedarf können künftige Endgeräte dünner als bislang ausfallen oder bei gleicher Bauhöhe Raum für größere Akkus bieten.

Der Snapdragon Wear 5+ Gen 1 nutzt wie schon der 2020 vorgestellte Snapdragon Wear 4100+ eine Hybridarchitektur. Das eigentliche System-on-Chip (SoC) verfügt erneut über vier CPU-Kerne vom Typ ARM Cortex-A53. Die als A702 bezeichnete Grafikeinheit mit einem Gigahertz ist gegenüber früheren Snapdragon-Wear-Modellen neu; der Wear 4100+ nutzt eine A540 mit 320 MHz. Die Fertigung erfolgt in 4 nm. Beim Wear 4100+, der unter anderem in den Fossil-Gen-6-Uhren zum Einsatz kommt, sind es 12 nm. Entsprechend verringert sich die SoC-Fläche von 128 mm2 auf 90 mm2, die Höhe von 0,69 mm auf 0,48 mm – bei gleichzeitiger Verdopplung der Leistung.

Komplett überarbeitet hat Qualcomm den als AON (Always-on) bezeichneten Co-Prozessor. Dessen Strukturbreite verringert sich von 28 nm aus 22 nm, der bislang verwendete ARM Cortex-M50 weicht einem Cortex-M55. Die Taktrate steigt von 50 MHz auf 250 MHz. Wie beim Wear 4100+ ist der Co-Prozessor für die Anbindung der Sensoren – beispielsweise Puls- und Beschleunigungsmesser – verantwortlich, ebenso für das Display im Standby. Neu ist hingegen die Möglichkeit, die Audiowiedergabe und -steuerung im Standby vom Co-Prozessor abwickeln zu lassen. Gleiches gilt für Benachrichtigungen. Eine weitere Neuerung ist der im Co-Prozessor integrierte Machine-Learning-Kern U55.

Die 2018 mit dem Snapdragon Wear 3100 eingeführte Unterteilung in SoC und Co-Prozessor hat Qualcomm beim Snapdragon W5+ Gen 1 beibehalten.

Zum geringeren Energiebedarf soll die überarbeitete Hybridarchitektur beitragen. So ist das Bluetooth-Modul Bestandteil des Co-Prozessors – bei einer entsprechenden Verbindung kann das SoC somit dennoch in den Ruhezustand versetzt werden. Ein anderes Beispiel: Beim Aufzeichnen von Fitness- und Standortdaten sowie gleichzeitiger Audiowiedergabe – ein typisches Jogging-Szenario – sind lediglich wenige Bereiche des SoCs sowie der Co-Prozessor aktiv.

Die überarbeitete Hybridarchitektur ermöglicht es, große Teile des Systems in bestimmten Anwendungsfällen im Standby zu belassen.

Das führt laut Qualcomm gegenüber dem Snapdragon Wear 4100+ zu geringeren Energieverbrauch in vielen Szenarien: bei der Musikwiedergabe via Bluetooth um 36 Prozent, bei der GPS-Ortung und im reinen Standby um 42 Prozent. Insgesamt soll das zu einer Verlängerung der Laufzeit um 50 Prozent führen – ausgehend davon, dass sich die Smartwatch 5 Prozent des Tages im aktiven Modus befindet. Nach Angaben von Qualcomm sind die erwarteten Laufzeitverbesserungen ein Grund dafür, dass das SoC die Cortex-A53-Kerne und keinen der Nachfolger – A55 oder A510 – nutzt. Auf Nachfrage hieß es, dass die neueren Kerne zwar leistungsfähiger, aber in den von Qualcomm priorisierten Bereichen nicht so sparsam seien.

Qualcomm hat zusätzlich auch den Snapdragon W5 Gen 1 (ohne +) vorgestellt. Gegenüber dem Plus-Modell fehlt lediglich der Co-Prozessor. Vorgesehen ist diese Variante des Prozessors für spezielle Bereiche, darunter Wearables für Kinder, Senioren, das Gesundheitswesen sowie Geräte für den chinesischen Markt.

Konzipiert ist der Snapdragon W5+ Gen 1 für den Einsatz von Wear OS 3.0 oder Android respektive AOSP (Android Open Source Project). Auf dem AON-Co-Prozessor kommt hingegen FreeRTOS zum Einsatz.

Die ersten Smartwatches mit den neuen Prozessoren sollen bereits ab Spätsommer 2022 im Handel verfügbar sein. Mobvoi stattet das kommende Topmodell der nächsten TicWatch-Generation mit dem Snapdragon W5+ Gen 1 sowie Wear OS aus. Oppo setzt in der Oppo Watch 3 hingegen auf den Snapdragon W5 Gen 1 sowie AOSP. Die für den Herbst 2022 in Aussicht gestellte Pixel Watch dürfte hingegen einen anderen Prozessor nutzen.

Compal (links) und Pegatron bieten die ersten Referenzdesigns für Smartwatches auf Basis des Snapdragon W5+ Gen 1 an.

Insgesamt, so Qualcomm, würden verschiedene Unternehmen bereits an 25 verschiedenen Modelle arbeiten. Erste Referenzmodelle, die die Entwicklungskosten reduzieren sollen, kommen von Compal (Wear OS) und Pegatron (AOSP). (pbe)