Snuppy ist geklont

Jetzt ist es amtlich: Snuppy, der erste Klonhund ist echt.

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Wäre ein Stein vom Herzen des Nature-Chefs gefallen, dann hätte er wohl Etagen durchschlagen. Jetzt ist es amtlich: Snuppy, der erste Klonhund der Welt ist echt. Sowohl eine koreanische Untersuchungskommission, als auch die Forschergruppe um Elaine Ostrander vom amerikanischen National Human Genome Research Centre in Bethesda bestätigen: Die Redaktion der renommierte Wissenschaftszeitschrift Nature ist keinem Betrug aufgesessen.

Das stand in den letzten Monaten durchaus infrage. Denn Snuppy entstammt dem Labor des entthronten koreanischen Klon-Königs Hwang Woo Suk; demjenigen Forscher, der im Februar 2004 erstmals maßgeschneiderte Stammzellen aus einem menschlichen Klonembryo erzeugt haben wollte. Der nur ein Jahr später gezeigt haben wollte, dass die Methode sich vereinfachen lässt. Und der maßgeschneiderte Stammzellen aus dem Gewebe von kranken Menschen produziert haben wollte.

Leider war alles falsch. Alles erlogen und betrogen. Nach und nach kam heraus, dass nicht eines der bahnbrechenden Experimente tatsächlich gelungen war, mit denen sich der bis dato unbekannte Wissenschaftler zur Weltelite katapultierte. Hwang stürzte vom Olymp herab – die Verachtung seiner Kollegen im Handgepäck.

Nur Snuppy bleibt. Snuppy war der jüngste Forschungsbeitrag des koreanischen Labors vom August letzten Jahres. Das Ergebnis eines breit angelegten Klonexperiments: Aus 1500 Eizellen von über 120 Hündinnen und ebenso vielen Zellkernen eines Afghanischen Windhundes fertigten die Wissenschaftler in mühseliger Arbeit fast 1200 Klonembryonen an und pflanzten etwa zehn in je eine Leihmutter. Die Ausbeute war nicht sonderlich ergiebig. Lediglich drei Hundemütter wurden schwanger – und nur Snuppy überlebte.

Nach dem Skandal um die gefälschten menschlichen Stammzelllinien kamen berechtigte Zweifel auf, ob nicht auch der Hundeklon sich als naher Verwandter seines Vaters entpuppen würde. Denn schon zuvor hatten andere Wissenschaftler vergeblich versucht, einen Hund zu klonen. Bereits im Dezember hatte Hwang das Institut Humanpass Inc. beauftragt, seine eigene Arbeit zu überprüfen. Nach den ersten genetischen Analysen kam das Institut zu dem Schluss, dass wenigstens Snuppy tatsächlich künstlich erschaffen und nicht etwa ein äußerst gelungenes Inzuchtprojekt oder der Zwilling seines angeblichen Vaters sei. Doch offenbar wollten der koreanische Untersuchungsausschuss, dem diskreditieren Wissenschaftler nicht mehr so recht glauben, und gab eine weitere Studie in Auftrag.

Nun liegen alle Daten vor – sowohl die der koreanischen Universität als auch die Ergebnisse des amerikanischen National Human Genome Research Centers zeigen. Nature zögerte nicht, sie zu veröffentlichen. Tatsächlich entstammt der plüschige Welpe vom vorigen Jahr dem Körperzellkern eines Afghanen-Männchens und der Eizellhülle einer Labrador-Retriever-Mischlingsdame, zusammengefügt im Reagenzglas und anschließend ausgetragen. Dazu untersuchten die Wissenschaftler aus beiden Kontrollgremien das Erbgut aus dem Zellkern von Snuppy und Vater Afghane, aber auch die genetische Information aus der Eihülle, die in den so genannten Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle, liegt. Sie zeigen, dass die Eizelle tatsächlich von Labrador-Retriever-Mutter stammt.

Der Betrug zog nicht nur die Stammzellforschung in Mitleidenschaft. Fragen musste sich auch das Fachmagazin Science gefallen lassen, bei dem die gefälschten Arbeiten veröffentlicht werden. In der Wissenschaft geht es nicht nur um neue Erkenntnisse, sondern auch um Geschwindigkeit. Und Science ist in diesem Fall vielleicht ein wenig zu schnell. In nur acht Wochen wurden die Publikation über maßgeschneiderte menschliche Stammzelllinien aus dem Embryo durch einen Gutachterprozess geschleust, der gewöhnlich drei bis vier Monate dauert. Der Betrug zog auch bei Science ein mittleres Erdbeben nach sich. Presse- und Telefonkonferenzen wurden eiligst anberaumt, um den Schaden für die Reputation des Blattes in Grenzen zu halten. Davon ist Nature verschont geblieben.

Siehe auch Technology Revie online:

(Edda Grabar) / (wst)