Solardächer über Autobahnen: Pilotprojekt verzögert sich etwas

Eigentlich sollte noch in diesem Jahr ein Stückchen Autobahn solarüberdacht werden, nun soll Baubeginn im ersten Quartal 2023 sein.

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Der geplante Demonstrator soll entgegen der Darstellung in diesem Rendering nicht über der eigentlichen Fahrbahn entstehen.

(Bild: Austrian Institute of Technology GmbH, BASt)

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Das Pilotprojekt, bei dem ein Abschnitt an einer Autobahn mit Solarmodulen überdacht werden soll, verzögert sich etwas. Statt im laufenden Quartal werde der Demonstrator an der A81 an der Rastanlage "Im Hegau – Ost" in der Nähe von Singen in Baden-Württemberg ab dem ersten Quartal 2023 gebaut werden, teilte die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) heise online mit. Einen konkreten Grund für die Verzögerung gebe es nicht, es gebe verschiedene Ursachen, heißt es aus Bergisch Gladbach, wo das BASt sitzt. Auch erwarte die Bundesanstalt keine weiteren Verzögerungen.

Geplant ist, an der Durchfahrgasse etwa auf Höhe der Rastanlage ein 10 m × 14 m großes Dach aus Photovoltaik(PV)-Modulen zu errichten, die mit einer Stahlkonstruktion etwa 5,50 m hoch aufgeständert werden soll. Mit dem deutsch-österreichisch-schweizerischen Forschungsprojekt soll gezeigt werden, dass eine solche Konstruktion unter realen Verkehrsbedingungen finanziell und technisch machbar ist und dauerhaft betrieben werden kann. Dabei sollen Grundlagen dafür geschaffen werden, mit denen die Anwendungspotenziale und -grenzen eingeschätzt und eventuelle Innovationshemmnisse frühzeitig erkannt werden können, wie das BASt erläutert.

Jakob Forster, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ISE, das an dem Projekt beteiligt ist, wies gegenüber heise online auf die besonderen Anforderungen für das Bauwerk hin. Im Gegensatz zu solarüberdachten Parkplätzen müsse der fließende Verkehr berücksichtigt werden; beispielsweise, dass ein schwerer Lkw die Leitplanke durchbricht und gegen einen Ständer prallen könnte. Berücksichtigt werden müsse auch, dass es bei Regen zu einer Art Wasservorhang kommen könne, wenn das Dach nicht wasserdurchlässig wäre. Das alles sei aber technisch handhabbar.

Forster wies darauf hin, dass in Südkorea bereits Straßen in größerem Maßstab mit Photovoltaik-Anlagen eingehaust würden. Die Überdachung von Straßen mit Solaranlagen biete nicht nur den Vorteil, auf bereits genutzten Flächen Energie zu erzeugen, sondern auch den Straßenbelag vor Wasser und UV-Einstrahlung zu schützen. In Südkorea gehe es zudem auch um Lärmschutz. In dem Konzept, das nun von Fraunhofer ISE, der BASt und anderen Partnern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz verfolgt wird, sollen aber die wesentlich höheren technischen Anforderungen eines Tunnels oder einer Einhausung vermieden werden. Daher sollen Solarüberdachungen zunächst maximal 80 m lang sein.

Damit eine PV-Konstruktion bei einem Aufprall womöglich nicht in sich zusammenfällt, sollen die Stützen mit Anprallsockeln versehen werden, wie sie auch Verkehrszeichenbrücken aufweisen, heißt es in der Projektbeschreibung. Das erhöhe allerdings den Materialeinsatz und die Baukosten und es müsse mit Beton "graue Energie" eingesetzt werden. Es müsse auch damit gerechnet werden, dass während der Errichtung der PV-Anlage und deren Wartung der Verkehr eingeschränkt werde und eine erhöhte Stau- beziehungsweise Unfallgefahr entstehen könne.

Das BASt geht davon aus, dass die Technik, sollte sie sich im Demonstrator bewähren, zunächst sektoral und punktuell eingeführt werden könnte. Damit meint sie Auf- und Abfahrten an Rastanlagen, Tunnelportale, Brücken oder kurze Streckenabschnitte. Für die Standortwahl der ersten Generation an Straßen mit Photovoltaik könne insbesondere die Nähe zu Stromabnehmern beispielsweise an Tunneln entscheidend sein.

(anw)