Sauerstoffleck und gestrandete Passagiere: Was wird aus der ISS?

Eigentlich sollten vier neue Astronauten zur ISS fliegen, jetzt bleiben zwei Plätze für die gestrandeten "Starliner"-Passagiere frei. Sorge macht auch ein Leck.

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Die ISS schwebt um die Erde

Gestrandete Passagiere auf der ISS und ein Sauerstoffleck beschäftigen die Raumfahrtbehörden – die Zukunft der Raumstation ist noch unklar.

(Bild: NASA)

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Mit zwei Kollegen weniger an Bord als ursprünglich geplant sind ein US-Amerikaner und ein Russe zur Internationalen Raumstation ISS geflogen. Der Nasa-Astronaut Nick Hague und der Kosmonaut Alexander Gorbunow starteten pünktlich an Bord eines "Crew Dragon" der privaten Raumfahrtfirma SpaceX von Tech-Milliardär Elon Musk vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida, wie Live-Bilder der US-Raumfahrtbehörde Nasa zeigten.

Eigentlich hätten auch die beiden Astronautinnen Zena Cardman und Stephanie Wilson Teil der nun gestarteten "Crew 9" sein sollen. Sie mussten ihre Plätze aber räumen, damit die zwei wegen der technischen Probleme des "Starliner"-Raumschiffes auf der ISS gestrandeten Astronauten Suni Williams und Barry Wilmore zurück zur Erde gebracht werden können.

Williams und Wilmore hatten eigentlich nur rund eine Woche an Bord der ISS verbringen sollen. Aufgrund technischer Probleme mit dem "Starliner", mit dem sie im Juni zur ISS geflogen waren, entschied die Nasa dann aber, das Raumschiff leer zurück zur Erde zu holen. Williams und Wilmore sollen jetzt gemeinsam mit Hague und Gorbunow im Februar zurück zur Erde kommen.

Der SpaceX-Start am Samstag war zuvor wegen der Auswirkungen des Sturms "Helene" um einige Tage verschoben worden. Regen und Sturm noch bis kurz vor Start bedeuteten ein Risiko. Am Sonntag wird der "Crew Dragon" an der ISS erwartet.

Dort wird die Crew im Rahmen ihrer Mission über mehrere Monate wissenschaftliche Experimente durchführen. Unter anderem sollen Experimente zur Physik von Supernova-Explosionen, an Zellen und zu Wachstumsbedingungen von Pflanzen stattfinden, die auch wichtige Erkenntnisse für das Leben auf der Erde bringen sollen.

Die NASA ist zunehmend besorgt über ein Leck im russischen Teil der ISS, welches sich vergrößert und über das Atemluft entweicht. Das Leck ist seit September 2019 bekannt, erst seit dieser Woche stuft die US-Raumfahrtbehörde es auch als hohes Sicherheitsrisiko ein.

Das Leck befindet sich im Service Modul Transfer Tunnel, der das russische Modul "Swesda" mit der Luftschleuse verbindet, über die russische Raumschiffe an die Raumstation andocken. Die genaue Ursache ist noch nicht bekannt, sowohl NASA als auch die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos vermuten aber, dass eine schadhafte Schweißnaht das Problem verursacht.

Am Donnerstag veröffentlichte die NASA einen Bericht, in dem sie das Leck als "Top Safety Risk", beziehungsweise als hohes Sicherheitsrisiko einstuft. Demnach arbeitet die Behörde mit Roskosmos zusammen, um das Problem zu beheben und mögliche weitere Lecks zu finden.

Roskosmos und die NASA kennen das Leck schon seit September 2019, in diesem Jahr entwickelte es sich jedoch zu einer ernsthaften Gefahr: entwich im Februar noch ein Pfund Atemluft pro Tag, so war es im Mai schon ein Kilogramm, das der ISS täglich verloren ging.

Eine mögliche Lösung wäre, die Luke zu verschließen. Das könnte dauerhaft nötig werden, sollte das Leck weiter wachsen. Dann hätte Roskosmos nur noch drei statt vier Ports, um Raumschiffe anzudocken. Gespräche zwischen Roskosmos und NASA im Mai und Juni führten laut NASA zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis.

Roskosmos versicherte demnach, das Leck zu überwachen und die Luke zu verschließen, sollte der Sauerstoffverlust ein unhaltbares Ausmaß erreichen. Ab wann genau der Verlust allerdings als unhaltbar gilt, darüber wurden sich beide Parteien nicht einig.

Die NASA denkt auch darüber nach, wie es mit der ISS generell, weitergehen könnte. Sie erwägt, ab 2030 auf die Lösung eines privaten Raumfahrtunternehmens umzusteigen wie Starlab von Voyager Space oder Orbital Riff von Blue Origin. Die Russen wollen hingegen schon 2028 aus dem Projekt ISS aussteigen. Unklar ist, wie dann der Betrieb bis 2030 überbrückt werden soll. Die ISS über 2030 hinaus zu betreiben, ist offenbar keine Option: Laut NASA wären dafür "erhebliche finanzielle Mittel" nötig.

(nen)