Speicherung von IP-Adressen: BGH hat Fragen an den EuGH

In einem Verfahren um die Speicherung der IP-Adressen von Besuchern einer Website schaltet der Bundesgerichtshof wie erwartet den Europäischen Gerichtshof ein. Der soll vor allem eine Frage klären: Sind IP-Adressen personenbezogene Daten?

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Im Rechtsstreit um die Speicherung dynamischer IP-Adressen durch die Bundesregierung hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Revisionsverfahren ausgesetzt und legt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wie erwartet zwei Fragen zur Auslegung der EG-Datenschutz-Richtlinie vor. So sollen die Brüsseler Richter unter anderem entscheiden, ob IP-Adressen "personenbezogene Daten" sind (Az. VI ZR 135/13).

Ist die IP-Adresse allein ein personenbezogenes Datum? Mit dieser Frage muss sich der EuGH befassen.

(Bild: dpa, Franz-Peter Tschauner)

Es geht um eine Klage des Kieler Piratenpolitikers Patrick Breyer gegen die Bundesrepublik Deutschland. Der Schleswig-Holsteinische Landtagsabgeordnete will dem Bund verbieten lassen, IP-Adressen von Besuchern von Websites des Bundes über die Dauer der Nutzung hinaus zu speichern. Breyer sieht darin einen Verstoß gegen das Telemediengesetz (TMG). Danach dürfen personenbezogene Daten nur mit Einwilligung des Nutzers oder zur Abrechnung etwa von Internetdiensten verwendet werden. Automatische Speicherung ohne Anlass ist hingegen nicht erlaubt.

Der BGH will nun von EuGH wissen, ob IP-Adressen überhaupt als "personenbezogene Daten" gelten, die vom europäischen Datenschutzrecht geschützt werden, auch wenn keine weiteren Informationen zur Identität des Anschlussinhabers vorliegen. Das war schon in der Verhandlung umstritten: Der Bund argumentiert, ihm lägen selbst keine Informationen vor, die eine Identifizierung anhand der IP-Adresse ermöglicht. Dies Informationen habe nur der jeweilige Zugangsanbieter, der darüber nicht ohne Weiteres Auskunft geben dürfe.

Zum Zweiten will der BGH geklärt haben, ob das europäische Datenschutzrecht in der Frage der Nutzung personenbezogener Daten eventuell mehr Spielraum lässt als das deutsche Telemediengesetz (TMG). Das TMG verbietet die Speicherung personenbezogener Daten ohne Einverständnis des Nutzers, sofern sie nicht etwa zu Abrechnungszwecken erforderlich sind. Bei der Nutzung eines allgemeinen Internetangebots ist das nicht der Fall, argumentiert Breyer.

Der Bund sagt dagegen, die Daten würden zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit ihrer Telemedien erhoben. Der BGH will dazu wissen, ob die Speicherung möglicherweise von der EU-Datenschutzrichtlinie gedeckt ist, die es bei "berechtigtem Interesse" des Betreibers erlaubt, sofern das nicht den Grundrechten des Betroffenen entgegensteht.

Breyer hatte die Bundesregierung auf Unterlassung verklagt. Während das Amtsgericht Tiergarten die Klage im August 2008 abgewiesen hat (Az. 2 C 6/08), räumte das Landgericht Berlin dem Kläger einen Unterlassungsanspruch für den Fall ein, wenn zugleich persönliche Daten erhoben werden. An sich seien IP-Adressen aber keine personenbezogenen Daten (Az. 57 S 87/08). Das Urteil des LG Berlin fanden beide Parteien zu unentschieden und gingen in Revision.

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz begrüßte die Entscheidung des BGH, den EuGH zu Rate zu ziehen. "Die seit Jahren andauernden Diskussionen zu der Frage, ob IP-Adressen personenbezogen sind und dem Datenschutzrecht unterfallen, wenn sie von einem Website-Anbieter gespeichert werden, zeigen, dass eine Vorlage an den EuGH sinnvoll ist", erklärte Andrea Voßhoff. "Die gemeinsamen europäischen Rechtsgrundlagen, vor allem die in Arbeit befindliche Datenschutzgrundverordnung, erfordern eine einheitliche Auslegung und ein harmonisiertes Vorgehen bei grundlegenden Fragen."

Siehe dazu auch:

(vbr)