Spekulationen um Rückzug von Bertelsmann aus dem Musikgeschäft

Der Gütersloher Konzern bereitet angeblich den Verkauf der BMG Music Publishing und den Ausstieg aus dem Joint-venture Sony BMG vor. Mit dem Milliardenerlös könnte Bertelsmann den 25-Prozent-Anteil seines einzigen freien Aktionärs zurückkaufen.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Gütersloher Medienkonzern Bertelsmann bereitet angeblich den Rückzug aus dem Musikgeschäft vor. Der Medienkonzern habe Investmentbanker damit beauftragt, erste Schritte für einen möglichen Verkauf seines Musikverlags BMG Music Publishing und der 50-Prozent-Beteiligung am Musikkonzern Sony BMG einzuleiten, meldet die Financial Times Deutschland (FTD) und beruft sich auf Insiderinformationen. Danach sei ein Verkauf des Musikgeschäfts ist "wahrscheinlich" und die Vorbereitungen dazu seien bereits im Gange.

Der Verkauf könnte Bertelsmann Schätzungen zufolge gut zwei Milliarden Euro einbringen, heißt es weiter. Dieser Erlös würde es dem Bertelsmann-Konzern erleichtern, die 25-Prozent-Beteiligung seines einzigen freien Aktionärs Groupe Bruxelles Lambert (GBL) ganz oder zum Teil zurückzukaufen. Die Holding des belgischen Investors Albert Frère habe das Recht, einen Börsengang ihres Bertelsmann-Anteils auch gegen den Widerstand des Medienkonzerns zu verlangen.

Bertelsmann-Chef Gunter Thielen habe einen Verkauf des Musikgeschäfts vergangene Woche, als der Konzern auch erfreuliche Ergebnisse des Geschäftsjahrs 2005 vorlegte, nicht ausgeschlossen. Man werde darüber aber erst entscheiden, wenn mehr über die Pläne der GBL bekannt sei. Über den Verlag Gruner + Jahr ist Bertelsmann auch Miteigentümer der FTD. Der Ausstieg aus dem Musikgeschäft allein würde Bertelsmann nicht genug einbringen, um Investor Frère herauszukaufen. Den Wert seiner Anteile schätzt die FTD auf vier bis fünf Milliarden Euro.

Mit Rechten an mehr als einer Million Songs und Verträgen mit Künstlern wie Christina Aguilera, Robbie Williams, Keane und Coldplay ist BMG Music Publishing nach eigenen Angaben der drittgrößte Musikverlag der Welt. Die BMG Music Publishing gehört zu 100 Prozent Bertelsmann. Als mögliche Interessenten nennt die FTD Finanzinvestoren sowie Konkurrenten wie der französische Medien und Telecomkonzern Vivendi Universal, der sein Musikverlagsgeschäft ausbauen könnte.

Problematisch könnte es hingegen für Bertelsmann werden, den 50-Prozent-Anteil am Musiklabel-Joint-Venture Sony BMG abzustoßen. Eine Übernahme der Anteile durch den Partner Sony gilt als unwahrscheinlich, da die Japaner dabei sind, ihr Kerngeschäft Elektronik zu sanieren. Bertelsmann müsste also einen Käufer finden, der zur Allianz mit Sony bereit ist – oder die Japaner dazu bewegen, ihren Teil des Joint Ventures ebenfalls abzustoßen. Erst im Februar hatte Sony BMG mit dem langjährigen Bertelsmann-Manager Rolf Schmidt-Holtz einen neuen Vorstandsvorsitzenden bekommen, nachdem dem Vorgänger Marktanteilsverluste und schlechtes Krisenmanagement angekreidet worden waren. (ssu)