"Bayonetta 3": Synchronsprecherin sorgt für Eklat

Für "Bayonetta 3" hat Nintendo die Synchronsprecherin der Hauptfigur ausgetauscht. Die Abgelöste ruft zum Boykott – und tritt eine große Debatte los.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 116 Kommentare lesen

(Bild: Nintendo)

Update
Lesezeit: 3 Min.

Hellena Taylor ruft zum Boykott gegen "Bayonetta 3" auf. Die Synchronsprecherin, die der gleichnamigen Hauptfigur in Teil 1 und 2 die Stimme lieh, ist am dritten Ableger der Actionreihe für die Nintendo Switch nicht mehr beteiligt. Hintergrund ist ein Gehaltsstreit. Gerade mal 4000 US-Dollar habe man ihr angeboten, um Bayonetta in Teil 3 zu sprechen. Eine geradezu beleidigende Summe, die ihrer Erfahrung nicht gerecht werde, schimpft Taylor in einer Reihe emotionaler Twitter-Videos.

Die Clips verbreiteten sich rasant, das erste der Videos wurde fast 10 Millionen Mal angeklickt. Sie haben eine Grundsatzdiskussion in der Spielebranche ausgelöst, in der Synchronsprecher als chronisch unterbezahlt gelten. Viele Fans schlugen sich auf Taylors Seite: In den sozialen Medien wurde massive Kritik an Publisher Nintendo und Entwickler Platinum Games geäußert. Auch der bekannten Sprecherin Jennifer Hale, die Bayonetta in Teil 3 anstelle von Taylor spricht, schwappte plötzlich eine Welle der Empörung entgegen. Doch mittlerweile gibt es Zweifel an der Geschichte, die Taylor auf Twitter verbreitet hat.

Laut einem Bericht von Bloomberg haben Nintendo und Platinum Games Taylor tatsächlich bis zu 4000 US-Dollar angeboten – allerdings pro Sitzung. Insgesamt wollte Platinum Taylor für mindestens fünf Sitzungen im Studio buchen, die jeweils mit 3000 bis 4000 US-Dollar dotiert gewesen sein sollen, berichtet Bloomberg nach Gesprächen mit nicht näher genannten Quellen. Die Zeitung hat eigenen Angaben zufolge außerdem Dokumente ansehen können, die diese Version belegen.

Den Quellen von Bloomberg zufolge soll Taylor eine sechsstellige Summe gefordert haben. Nach längeren Verhandlungen habe sich Platinum dann dazu entschieden, eine neue Sprecherin für die Hauptfigur des kommenden Actionspiels zu suchen. Das Spielemagazin Videogameschronicle und der Axios-Journalist Stephen Totilo bestätigen den Bloomberg-Bericht unabhängig. Hellena Taylor streitet die Darstellung von Bloomberg dagegen ab.

Platinum Games und Nintendo haben sich bislang nicht öffentlich geäußert. Hideki Kamiya, Director von Platinum Games, warf Taylor auf Twitter vor, die "Unwahrheit" zu verbreiten – ging dabei aber nicht weiter ins Detail.

Bemerkenswert ist, dass Jennifer Hale als Ersatz für Hellena Taylor gebucht wurde: Die Sprecherin wurde unter anderem durch ihre Rolle als Commander Shepard in der "Mass Effect"-Reihe bekannt und gehört zu den Superstars der Spielebranche. Hale habe kein Recht, sich als "Stimme von Bayonetta" zu bezeichnen, sagte Taylor in einem ihrer emotionalen Videos.

Auf Twitter reagierte Hale mit einem kurzen Statement auf die Kontroverse: Sie habe großen Respekt vor ihren Kolleginnen und Kollegen, schreibt sie darin. Aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen könne sie die aktuelle Situation aber nicht weiter kommentieren. Später retweetete Hale einen Twitter-Thread des Synchronsprechers Ben Diskin, der davor warnt, einer zu einseitigen Geschichte Glauben zu schenken. Auch den Report von Bloomberg stellte Hale in ihren Twitter-Feed.

In der Branche sorgt der Streit für großes Aufsehen, weil der Umgang mit Synchronsprechern seit Jahren zu den großen Reizthemen der Gaming-Industrie gehört. Sprecherinnen und Sprecher gelten als unterbezahlt und erhalten in der Regel keine erfolgsabhängigen Tantiemen. Im Herbst 2016 rief die Gewerkschaft Screen Actors Guild – American Federation of Television and Radio Artists einen Streik gegen mehrere Spieleentwickler aus, der erst ein knappes Jahr später beendet wurde.

Update

In einem Twitter-Thread hat Hellena Taylor Teile des Bloomberg-Berichts bestätigt. Tatsächlich habe sie zuerst 10.000, später 15.000 US-Dollar für ihre Sprechrolle angeboten bekommen. Warum sie in ihren ursprünglichen Videos den Eindruck erweckte, sie habe nur 4000 US-Dollar für das gesamte Spiel angeboten bekommen, blieb unklar.

(dahe)