Sprachen lernen: Babbel-App bekommt KI-Sprechtrainer

Babbel will seine Kunden künftig mit einer KI das Sprechen in einer Fremdsprache üben lassen. Über die Hintergründe haben wir mit Babbel gesprochen.

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Babbel auf einem Handy

(Bild: nij / c't)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Nico Jurran

Duolingo erweiterte jüngst seine Sprachlern-App jüngst um Funktionen, die es ermöglichen, mittels generativer KI spontane und realistische Konversationen zu führen (siehe auch Test bei heise+). Und auch Konkurrent Babbel will bis zum Jahresende einen KI-Sprechtrainer in seine App integrieren, wie heise online im Interview mit Stephanie Wright, Director Educational Strategy des Berliner Unternehmens, erfuhr (siehe unten). Während Duolingo gemäß seinem spielerischen Ansatz auf eine animierte Comicfigur mit ironischem Unterton setzt, kommt Babbels Funktion mit dem Arbeitstitel "Conversational Coach" passend zur App eher nüchtern und professionell daher.

Babbel will den Conversation Coach im Rahmen des aktuellen Abonnements starten, also ohne Aufpreis. Ob das auf Dauer so bleibt, muss sich zeigen. Schließlich setzt das Unternehmen wie praktisch alle Anbieter von KI-Sprechtrainern auf OpenAI-Technik – was Kosten verursacht. Die üblichen Monatspreise liegen bei KI-Sprechtrainern aktuell zwischen 10 und 40 Euro. Auch Duolingo ermöglicht die Videocalls mit Lilli nur im teuersten "Max"-Abo.

Dies ist nicht Babbels erster Vorstoß in den Bereich der künstlichen Intelligenz: Ende 2023 führte das Unternehmen "Alltagskonversationen" ein, bei der die KI allerdings nur die Aussprache bewertet. Dafür spricht man vorgegebene Dialoge zu Situationen wie "Kleidung im Geschäft zurückgeben" nach.

Um das in der App fehlende Sprechtraining auszugleichen, bietet Babbel seit einiger Zeit Online-Kurse mit realen Lehrern an – und weitete sein Angebot, das man im Abo rund um die Uhr nutzen kann, jüngst sogar aus: Neben den von c't im vergangenen Jahr getesteten Gruppenunterricht gibt es nun auch Einzelstunden. Laut Wright werden die KI-Funktionen die Live-Kurse auch nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Aktuell läuft bereits eine Beta des Conversation Coach für die Zielsprache Spanisch in Kombination mit der Ausgangssprache Englisch, an der alle Babbel-Kunden mit Android-Smartphone teilnehmen können. Wie man diese Einstellungen vornimmt, zeigt auch das nachfolgende Video.

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Stephanie Wright, Director Educational Strategy @ Babbel

(Bild: Babbel)

Wir haben mit Stephanie Wright, ihres Zeichens Director Educational Strategy bei Babbel, über den Converation Coach gesprochen, der mit generativer KI arbeitet.

heise online: Babbel nutzt schon KI in seiner App. Sie kann z.B. die Aussprache des Nutzers überprüfen und bewerten. Aber Sie haben keine KI-Sprachtrainingsfunktion – im Gegensatz zu Ihrem Konkurrenten Duolingo, der ein solches Angebot gestartet hat. Können wir also einen KI-Sprachtrainer für die Babbel-App erwarten oder sind Sie daran zumindest interessiert?

Stephanie Wright: Die kurze Antwort lautet: Ja, absolut. Eines unserer großen Ziele für das Ende dieses Jahres ist es, diesen "Conversation Coaches", wie wir ihn intern nennen, allen unseren Nutzern zur Verfügung zu stellen. Wir bieten es im Moment für ein bestimmtes Segment an, und wir testen die Funktion speziell mit der Gruppe, die als Englischsprachler Spanisch lernt. Wenn Sie ein Android-Gerät haben und Ihre Lernkombination Spanisch für Englischsprachler ist, können Sie die Beta-Version bereits ausprobieren.

Nun ist es heute einfacher denn je, einen Bot wie diesen zu erstellen. Jeder von uns kann das mit ChatGPT in ein paar Minuten erledigen. Schwieriger ist es, dafür zu sorgen, dass es jemandem didaktisch hilft und den eigenen Lernerfolg vorantreibt. Sonst wird es nur ein Hin und Her. Und man muss dem Tool vertrauen können. Das ist es also, was wir mit dem kleineren Segment gemacht haben, um Vertrauen in das Tool selbst zu gewinnen. Und um zu untersuchen, wie es unseren Kunden helfen kann.

Ein Argument für KI-Sprachtrainer ist, dass man sie rund um die Uhr nutzen kann. Aber auch Babbels Online-Kurse bieten praktisch diesen Rund-um-die-Uhr-Service – und da habe ich immer noch ein menschliches Gegenüber, mit dem ich sprechen kann. Wie passt das zusammen? Muss ich da als Kunde wählen oder wird beides in einem Paket angeboten?

Darüber haben wir ebenfalls nachgedacht und viel daran gearbeitet – vom strategischen Element bis hin zu dem, was wir jetzt bauen. Und wir konzentrieren uns darauf, Menschen von Anfang, wo sie nur mit einer App interagieren und sich nicht sicher sind, bis zu dem Punkt zu bringen, an dem sie mit einem Menschen sprechen. Wir sehen den KI-Sprachtrainer dabei als den letzten Schritt, bevor man sich wirklich sicher fühlt, mit einem Menschen zu sprechen.

Und dann kann man natürlich zwischen diesen beiden Varianten wechseln, denn das Sprechen ist die schwierigste Fähigkeit, die man beim Erlernen einer Sprache beherrschen muss. Und bei vielen Menschen ist die Angst so groß, dass sie es gar nicht erst versuchen. Das ist also das Hauptproblem, dass die Leute davon abhält, an Live-Kursen teilzunehmen. Es ist die Angst vor der Frage "Bin ich gut genug?" oder "Bin ich wirklich bereit?", "Woher weiß ich, was passieren wird?". Der "Conversation Coach" würde also vor diesem Punkt ansetzen, um den Leuten das Gefühl zu geben, dass sie bereit sind, sich dieser Herausforderung zu stellen, und sie beim Üben begleiten. Und das, wann immer sie wollen, schließlich muss die KI nicht schlafen.

Ist KI auch aus wirtschaftlichen Gründen für Babbel interessant? Schließlich bedeutet Online-Unterricht anzubieten auch, dass Sie Personalkosten haben. Sie müssen sich mit Auswahlverfahren, Personalschulung und Problemen bei der Durchführung des Unterrichts befassen.

Da das Endziel für den Lernerfolg aus unserer Sicht darin besteht, dass die Menschen mit Menschen sprechen können, sehen wir nicht vor, das menschliche Element verschwinden zu lassen. Und deshalb unternehmen wir Schritte, um sicherzustellen, dass es in gewisser Weise immer erhalten bleibt. Wir verwenden KI und einen stärker automatisierten Betrieb, um uns dabei zu helfen, den Lernenden einen größeren Nutzen zu bieten und sie schneller ans Ziel zu bringen, daher bleiben wir natürlich offen dafür. Generell haben wir aber nicht geplant, Menschen durch KI zu ersetzen.

Manche werden nun sagen: "Ich brauche keine Fremdsprache mehr zu erlernen, weil ich Apps auf meinem Handy habe, die alles für mich übersetzen"

Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass die Verwendung von DeepL oder Google Translate mit dem Erlernen einer Sprache gleichzusetzen ist. Das ist es ganz und gar nicht. Das Erlernen von Zweitsprachen hängt mit Neuroplastizität, dem Umbau neuronaler Strukturen in Abhängigkeit von ihrer Aktivität, zusammen. Das Gehirn verändert sich also tatsächlich, wenn man eine Sprache lernt. Und man kommt an den Punkt, an dem man mit einem anderen Menschen in dieser Sprache interagieren kann. Darauf konzentrieren wir uns also. Das sind die Arten von Erfahrungen, die wir den Menschen vermitteln wollen.

Wenn Menschen ein konkretes Bedürfnis haben, sich also etwa in einer neuen Stadt verlaufen haben und einfach nur den Weg zum nächsten Bahnhof finden müssen, werden sie solche Apps nutzen. Und dann sind die für sie absolut sinnvoll. Aber für Menschen, die eine neue Kultur erkunden wollen, ist der Bedarf immer noch da, eine andere Sprache zu erlernen. Und motivierte Lernende werden immer noch nach Möglichkeiten suchen, dies zu tun. Wir sind sehr zuversichtlich, dass es immer noch einen riesigen Markt für das Sprachenlernen gibt. Das Sprachenlernen wird nicht obsolet werden.

Hinweis: Das Interview wurde auf Englisch geführt.

(nij)