Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Hitlerkarikatur in CorelDraw

Handlungsbedarf sah die Staatsanwaltschaft München I, als ein Münchner Automatenaufsteller an verschiedenen Geräten anbot, Visitenkarten und andere Schriftstücke auf Wunsch mit einem Hitlerkonterfei zu versehen.

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Von
  • Frank Möcke

Handlungsbedarf sah die Staatsanwaltschaft München I, als ein Münchner Automatenaufsteller an verschiedenen Geräten anbot, Visitenkarten und andere Schriftstücke auf Wunsch mit einem Hitlerkonterfei zu versehen. Weil sich im Zuge der Ermittlungen herausstellte, daß die Karikatur - ein Hitlerkopf in Propagandapose, dessen Kragen ein kleines Hakenkreuz zeigt - dem Clipart-Pool der Grafiksoftware "CorelDraw" entnommen worden war, setzte die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht München einen "allgemeinen Beschlagnahmebeschluß" betreffend die Versionen 4, 5 und 6 von CorelDraw durch. Ziel: sämtliche genannten Software-Versionen und die dazugehörigen Clipart-Kataloge zu beschlagnahmen. Unter den Cliparts fanden die Staatsanwälte zwei weitere Kopfbilder Adolf Hitlers sowie ein Hakenkreuz. In einem halben Dutzend Münchner Läden soll es daraufhin zu Konfiszierungen von CorelDraw gekommen sein. @bild:hitler Mit Beschluß vom 19. 11. hat die Staatsschutzkammer des Landgerichts München I der daraufhin erfolgten Beschwerde von Corel nur insoweit entsprochen, als die Beschlagnahme vorerst abgewendet werden kann, wenn Corel die Verpackungen der Software mit einem Aufkleber versieht, der folgenden Text zeigt: "Achtung! Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß die Software-Lizenzvereinbarung dieses Produktes die mißbräuchliche Verwendung der in diesem Programm aufgeführten digitalen Bilder und Kennzeichen untersagt. Dies gilt insbesondere für die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, die § 86a unter Strafe stellt".

Der genannte Paragraph bedroht in Verbindung mit § 86 des Strafgesetzbuches denjenigen mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahren, der Kennzeichen oder Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen, im Inland verbreitet oder zur Verbreitung herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

Wer nun meint, die Angelegenheit sei mit dem Anbringen des Aufklebers bereinigt, irrt: Das Ermittlungsverfahren gegen den Automatenaufsteller und gegen Corel, so Oberstaatsanwalt Manfred Wick zu c't, gehe weiter, im übrigen habe das Landgericht "die Beschwerde von Corel als unbegründet verworfen". Damit darf das Softwarepaket bis auf weiteres nicht verkauft werden. (fm)