Staatskanzleichefs segnen Jugendmedienschutz ab

Der Staatsvertrag verpflichtet Anbieter von "Telemedien" unter anderem dazu, Jugendschutzbeauftragte zu bestellen und lizenzierte Filterprogramme einzusetzen.

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Von
  • Monika Ermert

Mit empfindlichen Geld- und in gravierenden Fällen auch mit Gefängnisstrafen sollen Verstöße gegen den geplanten Jugendmedienschutzstaatsvertrag geahndet werden. Die Staatskanzleichefs der Länder verabschiedeten heute bei einer Sondersitzung in Mainz die aktuelle Entwurfsfassung. Der Staatsvertrag verpflichtet Anbieter von "Telemedien", Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder sich an eine Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und lizenzierte Filterprogramme einzusetzen, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zu pornographischen, aber auch allgemein "entwicklungsbeeinträchtigenden" Inhalten zu verwehren.

Einer endgültigen Verabschiedung durch die Ministerpräsidenten Ende September steht nun nach Ansicht der Staatskanzleichefs jedoch nichts mehr im Weg. Umstritten war bis zuletzt das Verhältnis von Medienaufsicht und Freiwilliger Selbstkontrolle. Der nun gefundene Kompromiss verfolge die Maxime, "so viel Selbstkontrolle wie möglich und so viel Aufsicht wie nötig", ließ Klaus Rüter, Chef der Staatskanzlei in Mainz per Pressemitteilung verbreiten. Der Staat könne seine bisherige Verantwortung durch die neu gebildete Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) teilweise und maßvoll dosiert zurückzunehmen.

Während die federführende Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz damit von einem "Durchbruch beim Jugendmedienschutz" sprach, fürchten Vertreter von Medien- und Internet-Verbänden allerdings, dass aufgrund unscharfer Formulierungen künftig neben klassischen Contentprovidern auch Hosting- und Accessprovider eigene Jugendschützer brauchen und zu Inhaltssperrungen verpflichtet werden können. Die Verbände hatten die mangelnde Differenzierung im Staatsvertrag bei einer Anhörung und in verschiedenen Stellungnahmen beklagt.

Die jetzt von den Staatskanzleichef verabschiedete Beschlussvorlage spricht aber nach wie vor bei einzelnen Verpflichtungen und auch bei den Strafvorschriften von Unternehmen, die Angebote verbreiten oder zugänglich machen. Die aufgenommenen Hinweise auf den Mediendienstestaatsvertrag und das Teledienstegesetz reichen nach Ansicht von Hannah Seiffert, Berliner Bürochefin beim Electronic Commerce Forum e.V. (Eco-Forum), dem Verband der Internetwirtschaft, nicht aus. Auch der lange Katalog an Ordnungswidrigkeiten betrifft sowohl Angebot wie Zugang. Ordnungswidrig verhält sich so beispielsweise, wer "Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür zu sorgen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen."

Man müsse sich angesichts solcher Regelungen die Frage stellen, was in Zukunft darunter subsumiert werde, warnt Seiffert. Die Strafbestimmungen, die in Einzelfällen auch Gefängnisstrafen vorsehen, nennt Seiffert "juristisch nicht haltbar. Das gehört ins Strafrecht." Insgesamt kritisierte die Eco-Vertreterin auch die mangelnde Transparenz beim Entstehen des Staatsvertrages, der von einer Arbeitsgruppe der Medienreferenten unter Federführung der Rheinland-Pfälzischen Staatskanzlei erarbeitet worden war. "Wir hätten für eine zweite Anhörung bereit gestanden, um eine wirklich praktikable Lösung zu schaffen", so Seiffert. Die heute diskutierte Endfassung sei aber weder allen Verbänden, noch allen Landesmedienanstalten, die zukünftig immerhin die Hauptrolle im Jugendmedienschutz spielen sollen, vorab zugänglich gemacht worden. Man habe den jetzt verabschiedeten Text aber wohl nun einfach durchbringen wollen. Vertreter der Staatskanzlei in Mainz waren für ein Gespräch nach der heutigen Sitzung nicht erreichbar. (Monika Ermert) / (anw)