Star Trek Discovery: In der 2. Staffel den Plot versemmelt

Seite 2: The Speed of Plot

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Ein Trek-Produzent am Set von The Next Generation hat mal auf die Frage, wie schnell genau Warp 8 denn nun sei, geantwortet, Warp 8 sei genau Handlungsgeschwindigkeit ("the speed of plot"). Soll heißen: So schnell wie es diese Woche halt sein muss, damit die Folge funktioniert. Das ist Fernsehen. Was den Unterschied zwischen gutem und schlechtem Fernsehen ausmacht, ist, ob der Zuschauer merkt, dass der Drehbuchautor sich solcher Tricks bedient.

Wieviele Discovery-Zuschauer sich mit absurden Weltraumschlachten à la Star Wars, Bühnenbildern aus Herr der Ringe und wüsten, von Marvels Avengers geklauten, Kampfszenen über die eklatanten Plot-Schwächen der Serie hinwegtäuschen lassen, ist schwer zu sagen. Es ist zu vermuten, dass es wenigstens eingefleischten Trek-Fans auffällt, dass es hier an Substanz fehlt. Genauso wie es ihnen schon bei den J.-J.-Abrams-Filmen aufgefallen ist. Minutenlange Selbstmitleids-Inszenierungen einer Michael Burnham lassen dem geneigten Zuschauer weiß Gott genug Zeit, in Ruhe über unlogische Handlungsabfolgen nachzudenken.

Nach dem Kunstgriff am Ende dieser Staffel haben die Discovery-Macher jetzt komplett freie Hand. Das ist der alte Voyager-Trick: Das Schiff einfach mal kurzerhand dahin verschieben, wo keine Föderation und keine störenden Plot-Konsequenzen lauern. Dem kritischen Zuschauer erschließt sich allerdings nicht, warum Discovery unbedingt für die ersten zwei Staffeln ein Prequel sein musste, wenn das eh der Plan war. Denn nun sind bis auf ein paar zwischenmenschliche Konflikte innerhalb der Crew alle bisher erlebten Abenteuer bedeutungslos. Die Karten werden komplett neu gemischt und die Einsätze der ersten zwei Runden sind vergessen. Warum dann nicht gleich mit dem Tabula rasa anfangen, wie damals bei Voyager. Wieso haben die Macher nicht von Anfang an endlich das abgeliefert, was die Fans seit Jahren wollen: Neue Geschichten, frei von den Zwängen des Vergangenen, die eine oder zwei Generationen nach Star Trek Nemesis spielen? Es könnte alles so einfach sein.

Vielleicht wird die Discovery in der bereits bewilligten Staffel 3 aber auch einfach komplett vergessen und wir machen mit Spock, Pike, Nummer Eins und der Original-Enterprise weiter. Vielleicht in der Form einer Anthologie-Serie, als die Discovery ursprünglich einmal gedacht war. Aber auch in diesem Fall stellt sich wieder die Frage: Warum dann die ersten zwei Staffeln? So oder so kommen die Macher nicht um die eklatanten Plot-Schwächen ihrer Serie herum, welche Discovery im Vergleich zu exzellent geschriebenem Sci-Fi-Fernsehen wie The Expanse alt aussehen lassen.

Am Ende der zweiten Discovery-Staffel drängt sich das Gefühl auf, dass man vieles hätte besser machen können. Dass gute Schauspieler, wunderbare Sets und grandiose Spezialeffekte für eine Serie vergeudet wurden, die alles sein will, nur nicht Trek. Die Trek wohl doch nur als reines Lippenbekenntnis sieht, um auf einer Branding-Welle mitzureiten. Wenn Discovery der Versuch ist, Star Trek erwachsen zu machen, dann hätte es vielleicht doch nicht geschadet, etwas länger in der Pubertät zu verweilen. Star Trek in den '90ern unter Braga, Piller und Moore hatte viele, zum Teil auch sehr peinliche, Schwächen. Aber es hat sich immerhin den Namen Star Trek verdient. (fab)