EU-Alternative zu Starlink: Brüssel weist Habeck-Kritik zurück

Fast 12 statt 6 Milliarden Euro soll das EU-Satellitennetzwerk IRIS2 kosten. Zu teuer und unausgegoren, meint Habeck. In Brüssel-Kreisen kommt das schlecht an.

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Viele Satelliten

(Bild: CG Alex/Shutterstock.com)

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Brüsseler Kreise sind erstaunt und verstimmt über den Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), den Start der von der EU geplanten Satellitenkonstellation für hochverfügbares Breitband-Internet quasi in letzter Minute zu verschieben und ans Reißbrett zurückzukehren. Der Vorstoß aus Deutschland sei "unbegründet" und "reine Lobbytaktik", zitiert das Online-Portal Politico einen nicht namentlich genannten EU-Beamten. Lobby-Positionen der Industrie nehme man in Brüssel nicht für voller, nur weil sie ein Mitgliedsstaat vertrete. Doch die Zurückweisung der Kritik ist nicht einhellig. "Die Deutschen haben in einem Punkt Recht", gab ein Weltraumdiplomat eines EU-Landes zu bedenken. Dass die EU-Kommission nur mit einem Industriekonsortium vorankommen wolle, sei wohl nicht das Gelbe vom Ei.

Ziel der vom EU-Ministerrat vor über einem Jahr gebilligten "Infrastruktur für Resilienz, Interkonnektivität und Sicherheit durch Satelliten" (IRIS2) ist es, weltweit zu einer "nahtlosen digitalen Kommunikation" beizutragen. Zugleich will die EU mit dem System unabhängig werden von rein privaten Alternativen wie Starlink von Elon Musks US-Konzern SpaceX, Amazons Projekt Kuiper oder OneWeb. Die Kosten veranschlagte die Kommission zunächst mit rund sechs Milliarden Euro. Als öffentliche Gelder würden insgesamt 2,4 Milliarden Euro bereitstehen, die unter anderem aus dem EU-Weltraumprogramm, Horizont Europa und weiteren Fördertopfen stammen, hieß es voriges Jahr. Die restlichen 3,6 Milliarden Euro sollte der Privatsektor beisteuern.

Aufziehen will IRIS2 ein Konsortium europäischer Raumfahrt- und Telekommunikationsunternehmen unter der Führung von Airbus, dem etwa auch Eutelsat, Hispasat, SES, Thales, die Deutsche Telekom und ihr französisches Pendant Orange sowie OHB aus Bremen angehören. Statt über 6 hat diese SpaceRise-Allianz mittlerweile einen Preis von fast 12 Milliarden Euro veranschlagt, um das Netzwerk mit bis zu 170 Satelliten zwischen 2025 und 2027 zum Laufen zu bringen. Diese Steigerung, mit der sich die Kosten fast verdoppeln würden, waren mit ein Grund für Habecks Intervention. Der Preis sei "exorbitant", die ganze Initiative "unausgegoren", schrieb der Minister Anfang April in einem Brief an EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton laut einem Bericht des Handelsblatts.

Es gehe um zu viel, "um hastig Entscheidungen mit hohem Risiko und massiven negativen Konsequenzen für IRIS2 und das EU-Raumfahrtprogramm zu fällen", brachte Habeck demnach weiter vor. Er machte zwar klar: "Deutschland steht hinter der Errichtung eines sicheren, weltraumgestützten EU-Kommunikationssystems." Es sei aber ein Neustart nötig, um das Programm auf eine solide Basis zu stellen. Weiterer Grund zur Sorge: Breton versprach im Januar, bis Ende März "den größten Raumfahrtvertrag in der Geschichte der EU" zu unterzeichnen, um IRIS2 in Gang zu bringen. Dazu kam es aber nicht, da das endgültige Angebot von SpaceRise erst am 1. März in Brüssel eintraf. Der Vorschlag wird derzeit vom Beschaffungsausschuss der EU geprüft. Dem Vernehmen nach geht es in aktuellen Gesprächen mit dem Konsortium darum, die Offerte der Industrie noch zu verbessern.

(mho)