Starlink-Satelliten verunstalten immer mehr Fotos des Weltraumteleskops Hubble

Seit Jahren wird gewarnt, dass Internetsatelliten für die Astronomie ein Problem darstellen könnten. Das gilt auch für Weltraumteleskope, zeigt eine Studie.

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Streifen vor der Galaxie ARP248

(Bild: NASA, ESA, Kruk et al.)

Lesezeit: 4 Min.

Die Starlink-Satelliten von SpaceX hinterlassen auf Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble immer häufiger Streifen und dürften auch zukünftige Instrumente im All beeinträchtigen. Das hat eine Forschungsgruppe unter Leitung von Sandor Kruk vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik herausgefunden. Mit Hilfe von Amateuren hat das Team die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass eine Aufnahme von Hubble eine Satellitenspur enthält. Zwischen 2009 und 2020 haben sie auf etwa 3,7 Prozent aller Bilder solche Spuren entdeckt, 2021 dann schon 5,9 Prozent. Damals waren aber noch weniger als 2000 Internetsatelliten im All, inzwischen sind es bereits etwa 4000.

Das 1990 gestartet Weltraumteleskop Hubble sinkt aktuell langsam ab und kreist gegenwärtig in einer mittleren Höhe von 538 km um die Erde. Das ist nur etwa 10 km unter der Bahn der meisten Starlink-Satelliten. Wenn es von der Erde abgewandt den Kosmos erforscht, rasen immer wieder Satelliten durch das Blickfeld und hinterlassen dabei einen Lichtstreifen. Wie Kruk und sein Team erläutern, wurde vor den Folgen bereits vor mehr als drei Jahrzehnten gewarnt, aber bislang waren die Auswirkungen vor allem wegen der geringen Zahl an Satelliten im Erdorbit minimal. Mit dem raschen Aufbau von sogenannten Megakonstellationen aus Tausenden Satelliten könnten sich das aber in naher Zukunft ändern.

Bislang hat es nach Wissen von Kruk und seinem Team aber keine Messung gegeben, um die Zahl kontaminierter Aufnahmen zu ermitteln. Im Rahmen des Citizen-Science-Projekts "Hubble Asteroid Hunter" und unter Zuhilfenahme von KI-Technik haben sie deshalb die Zahl der Aufnahmen ermittelt, die solche Streifen enthalten. Auf die Forschungsarbeit haben die Streifen bislang auch deshalb keinen Einfluss, weil typischerweise mehrere Hubble-Aufnahmen zusammengerechnet werden, wobei die Streifen einfach verschwinden. Wenn die Zahl der Satelliten aber weiter so stark ansteigt, könnte sich das ändern. Sorgen machen sich Forscher und Forscherinnen aber wohl weniger um Hubble, sondern um andere Instrumente, die noch nicht einmal gestartet sind.

Wie das Team im Wissenschaftsmagazin Nature Astronomy erläutert, könnten auch Instrumente wie Cheops und Neowise von der wachsenden Zahl an Satelliten gestört werden. Ersteres sucht für die Europäische Weltraumagentur ESA nach Exoplaneten, zweiteres für ihr US-Pendant nach Asteroiden, die der Erde gefährlich werden könnten. Besonders besorgniserregend sei die Entwicklung aber für Weltraumteleskope mit einem großen Blickfeld: Vor allem für das chinesische Weltraumteleskop "Xuntian" könnte das zum Problem werden. Es soll im kommenden Jahr starten und in der Nähe der Raumstation "Tiangong" platziert werden. Dort werde es "von Anfang an stark beeinträchtigt werden", fasst der US-Astronom Jonathan McDowell die Analyse für die New York Times zusammen.

SpaceX hat die Untersuchung gegenüber der US-Zeitung nicht kommentiert. Bislang war es bei der Lichtverschmutzung durch die Starlink-Satelliten immer um Astronomie von der Erdoberfläche aus gegangen. Seit Jahren warnt die Astronomiegemeinde, dass die Satelliten bestimmte Forschung stark beeinträchtigen könnten. SpaceX-Chef Elon Musk hatte unter anderem erwidert, dass Observatorien "sowieso" ins All verfrachtet werden müssten. Dass sie auch dort nicht verschont bleiben könnten, hat er damals nicht erwähnt. Möglich sei jetzt sogar, dass Veränderung am Design, die die Starlink-Satelliten von der Erde aus dunkler machen sollen, sie im Orbit noch heller machen, zitiert die New York Times eine Astronomin.

Für Starlink schießt SpaceX seit 2019 Satelliten ins All, inzwischen sind mehr als 3500 aktiv – hinzukommen über 500 Satelliten des Konkurrenten OneWeb. Starlink bietet inzwischen schnelle Internetverbindungen in Ländern auf allen Kontinenten, mehr als eine Million Nutzer und Nutzerinnen zählt das US-Unternehmen. Allein SpaceX will über 40.000 Satelliten ins All schießen, andere Unternehmen planen eigene Netze aus Tausenden Satelliten. Fast so lange, wie Starlink schon aufgebaut wird, gibt es auch Kritik an der damit verbundenen Lichtverschmutzung. SpaceX hat zugesagt, die Satelliten abzudunkeln, bald sollen aber deutlich größere Exemplare der nächsten Generation starten.

(mho)