Statistisches Bundesamt: Corona-Pandemie führt zu Übersterblichkeit

In Deutschland sind zuletzt mehr Menschen verstorben, als nach der demografischen Enwicklung zu erwarten gewesen wäre.

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Sterberate der Gesamtbevölkerung nach Kalendermonat (normiert auf Kalenderjahre) je Tausend Einwohner.

(Bild: Sonderauswertung der Sterbefallzahlen und Bevölkerungsstatistik (Destatis), COVID-19-Todesfälle nach Sterbedatum (RKI); Datenstand: November 2021)

Lesezeit: 4 Min.

Von März 2020 bis Mitte November 2021 sind in Deutschland mehr Menschen verstorben, als nach der demografischen Entwicklung zu erwarten gewesen wäre. Das hat das Statistische Bundesamt nach einer Auswertung der Sterbefallstatistik im bisherigen Pandemieverlauf festgestellt. Die Corona-Pandemie hat also demnach zu einer Übersterblichkeit geführt, und zwar über den gesamten Verlauf.

"Der Anstieg der Sterbefallzahlen ist nicht allein durch die Alterung der Bevölkerung erklärbar, sondern maßgeblich durch die Pandemie beeinflusst", erläuterte Christoph Unger, Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes, am Donnerstag in Wiesbaden. Eine erhöhte Sterblichkeit zeige sich sowohl das Kalenderjahr 2020 als auch für die ersten zwölf Monate seit Pandemiebeginn von März 2020 bis Februar 2021.

"Heute vor zwei Wochen hat das Robert Koch-Institut (RKI) die erschütternde Zahl von 100.000 an COVID-19 verstorbenen Menschen in Deutschland verkündet", sagte Unger. Es sei viel zu früh für eine Bilanz, "aber wir können aus der amtlichen Statistik einen faktenbasierten Überblick über gesundheitliche Folgen der Pandemie bieten".

2020 starben bundesweit insgesamt rund 985.600 Menschen, 46.000 oder 5 Prozent mehr als 2019. Allein auf Basis der Bevölkerungsalterung wäre ein Anstieg von 20.000 Todesfällen oder 2 Prozent zu erwarten gewesen, teilte das Statistische Bundesamt mit (PDF). Von März 2020 bis Februar 2021 starben fast 71.000 Menschen oder 7,5 Prozent mehr als in den zwölf Monaten davor.

Wegen der ausgebliebenen Grippe im Winter 20/21 lagen die Sterbefallzahlen ab Februar dieses Jahres zunächst unter dem mittleren Wert der vier Vorjahre. Schon größtenteils außerhalb der typischen Grippezeit stiegen die Todesfallzahlen wieder über den Vergleichswert, heißt es in der Mitteilung aus Wiesbaden. Eine deutliche Übersterblichkeit ist aktuell seit Anfang September 2021 zu beobachten.

Dieser Anstieg hat nach Vermutung der Bundesstatistiker mehrere Gründe, er lasse sich nur zum Teil mit den gemeldeten COVID-19-Todesfällen erklären, im Oktober 2021 etwa zu einem Drittel. In der zweiten Novemberwoche lagen die Sterbefallzahlen um 3100 Fälle oder 17 Prozent über dem mittleren Wert der vier Vorjahre. Beim Robert-Koch-Institut (RKI) wurden bislang etwa 1300 Menschen gemeldet, die in dieser Woche an oder mit COVID-19 verstarben. Die Tendenz steigt von Woche zu Woche stark.

Sterbestatistik in Zeiten von Corona (9 Bilder)

(Bild: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2021)

47.860 Menschen starben 2020 in Deutschland im Zusammenhang mit COVID-19, 39.758 Menschen mit COVID-19 als Grundleiden und 8102 Menschen mit jener als Begleiterkrankung. 70 Prozent der an COVID-19 als Grundleiden verstorbenen Personen waren 80 Jahre oder älter, die meisten von ihnen hatten vielfältige Vorerkrankungen. Am häufigsten waren dies Volkskrankheiten wie Bluthochdruck (21 Prozent) und Vorhofflimmern oder Vorhofflattern (10 Prozent), Demenz (20 Prozent), gefolgt von Niereninsuffizienz (16 Prozent) und Diabetes mellitus (16 Prozent).

Bereits früh im Pandemieverlauf mussten planbare Behandlungen und Operationen verschoben werden, da die Krankenhäuser hoch ausgelastet waren, Betten freigehalten werden mussten und Hygienekonzepte verschärft wurden. 2020 gab es in Deutschland fast 2,5 Millionen oder 13,1 Prozent weniger Krankenhausbehandlungen als im Vorjahr, so niedrig wie zuletzt im Jahr 2006. 690.000 oder 9,7 Prozent weniger Operationen gab es 2020 gegenüber dem Vorjahr; das sind so wenige wie zuletzt im Jahr 2005.

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Mit oder wegen COVID-19 wurden im Jahr 2020 rund 176.000 Patientinnen und Patienten stationär in den deutschen Krankenhäusern behandelt. Rund 36.900 dieser Personen, 20,9 Prozent, mussten intensivmedizinisch versorgt werden. 21.400 oder 58,1 Prozent von diesen mussten künstlich beatmet werden, und zwar durchschnittlich fast 11 Tage lang. Mit rund 31.600 Personen sind 17,9 Prozent der mit oder wegen COVID-19 behandelten Person im Krankenhaus verstorben. Ihr Durchschnittsalter lag bei 80,3 Jahren.

(anw)