Steuer auf Mobilfunksender in Niederösterreich noch höher als geplant

Trotz heftiger Kritik hat der niederösterreichische Landtag ein Sendeanlagenabgabegesetz beschlossen -- und gegenüber den ursprünglichen Plänen sogar noch erhöht.

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Trotz heftiger Kritik hat der niederösterreichische Landtag ein Sendeanlagenabgabegesetz (PDF-Datei) beschlossen. In der Sitzung selbst war noch ein Abänderungsantrag eingebracht und angenommen worden, der eine noch höhere Steuer als zunächst geplant bewirkt. Außerdem wurde die Gültigkeit des Gesetzes bis Ende 2009 befristet, was mit einer dann geplanten "Evaluierung" der Wirksamkeit begründet wurde. Kritiker meinten gleich, dass dieser Zeitrahmen auf den Termin hinauslaufe, zu dem der Verfassungsgerichtshof das Gesetz wegen mehrfacher Verfassungswidrigkeit aufheben werde. Sie prophezeien ein ähnliches Chaos wie bei der als EU-rechtswidrig aufgehobenen Getränkesteuer. Für das Sendeanlagenabgabegesetz stimmten alle Abgeordneten von ÖVP und SPÖ, dagegen votierten die Grünen Mandatare sowie jene der FPÖ. Die ÖVP verfügt im Landtag über eine absolute Mehrheit. Nun überlegen sechs weitere Bundesländer, ihre Budgets mit einer ähnlichen Steuer aufzubessern.

Entgegen dem ursprünglichen Entwurf wird die Abgabe nicht je Betreiber und Standort, sondern pro Sendeanlage fällig. Dies bedeutet, dass jeder Antennenkranz einzeln erfasst wird. Außerdem wurde Tarifstufe 2 (zwei Sendeanlage an einem Bauwerk) auf 14.000 Euro pro Jahr erhöht, Tarifstufe 3 (drei oder mehr Antennenkränze) auf 7.000 Euro gesenkt. Stufe 1 (eine Anlage) bleibt gegenüber dem ursprünglichen Antragswortlaut unverändert bei 21.000 Euro. Ein Netzbetreiber, der an einem Standort beispielsweise Antennen für GSM 900 und GSM 1800 mit einer maximalen Sendeleistung von über vier Watt betreibt, muss dafür 28.000 Euro pro Jahr bezahlen. Von der Steuerpflicht ausgenommen sind Anlagen auf öffentlichem Gut. Die Einnahmen teilen sich je zur Hälfte das Land Niederösterreich und seine Gemeinden (unabhängig von der Zahl der Mobilfunksender vor Ort).

Zu den Kritikern der kurzfristig eingeführten Steuer gesellte sich auch die Vereinigung der Internet Provider (ISPA). Nach dem Wortlaut des Gesetzes würden Sendeantennen aller "Betreiber von Mobilfunkkommunikationsnetzen" erfasst, also auch Anbieter drahtloser Internetzugänge wie WLAN, WLL oder WiMAX. "Die zusätzliche finanzielle Belastung dieser Anbieter steht im krassen Gegensatz zu den Bemühungen des (Bundes) und des Landes Niederösterreich, im Rahmen der Breitbandinitiative den Ausbau des Internet-Zugangsangebotes in Niederösterreich zu fördern", heißt es in einer Aussendung der ISPA, die eine Festigung der digital divide fürchtet. "Auch die Ausnahmebestimmung mit einer Sendeleistungsuntergrenze ist nicht geglückt. Aus der Vorschrift geht zum Beispiel nicht hervor, welche Art von Sendeleistung gemeint ist (und sie) ist außerdem mit dem Gesetzeszweck des Schutzes des Orts- und Landschaftsbildes nicht wirklich vereinbar." Die Grünen interpretieren den Gesetzestext indes so, dass gerade die Masten der mehrheitlich landeseigenen nökom und anderer Funknetzbetreiber ausgenommen werden.

Für den (eher unwahrscheinlichen) Fall, dass bis 2. August mindestens 50.000 Landesbürger oder 80 Gemeinden Einspruch erheben, muss eine Volksabstimmung über das Sendeanlagenabgabegesetz stattfinden. Gemäß § 9 Finanz-Verfassungsgesetz kann außerdem die Bundesregierung bis 17. August Einspruch erheben und nach einem Beharrungsbeschluss des Landtages eine Entscheidung durch den ständigen gemeinsamen Ausschuss von Nationalrat und Bundesrat erzwingen. Da aber inzwischen mit Ausnahme von Wien und Kärnten alle anderen Bundesländer dem Beispiel Niederösterreichs folgen wollen, wäre der Ausgang dieser Entscheidung offen. Zudem ist unklar, ob Vizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ) und Finanzminister Karl-Heinz Grasser (parteilos), die sich beide gegen die neue Abgabe ausgesprochen haben, überhaupt den erforderlichen einstimmigen Regierungsbeschluss für einen Einspruch erwirken können. Die Mehrzahl der Minister gehört der ÖVP an, die in der Frage gespalten ist.

Vertreter der Mobilfunknetzbetreiber haben rechtliche Schritte gegen die Steuerbescheide angekündigt. Außerdem prüfen sie, ob sie von niederösterreichischen Kunden Zuschläge (fünf bis zehn Euro monatlich) erheben können. Die neue Abgabe betrage mehr als 300 Prozent jener durchschnittlichen Kosten, die jährlich pro Standort für Miete und Strom anfielen, heißt es beim Anbieter 3, der nach eigenen Angaben 60 Prozent seiner Senderstandorte mit Konkurrenten teilt. (Daniel AJ Sokolov) (jk)