Streik bei US-Telekomriesen (fast) beendet

Gut zwei Wochen nach dem Beginn des Streiks bei dem US-Telekomriesen Verizon haben die Kontrahenten für 52.000 Angestellte eine erste Vereinbarung erzielt.

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Von
  • Jürgen Kuri

Gut zwei Wochen nach dem Beginn des Streiks bei dem US-Telekomriesen Verizon haben die Kontrahenten eine erste Vereinbarung erzielt, nach der rund 52.000 der streikenden Angestellten die Arbeit wieder aufnehmen können. Die Verhandlungen mit Süd-Sektion der Gewerkschaft Communication Workers of America, die 35.000 Verizon-Mitarbeiter vertritt, gingen allerdings Sonntag Nacht noch weiter. Die Gewerkschaft ging aber davon aus, dass auch diese Verhandlungen bald abgeschlossen sind.

Die aus dem Zusammenschluss von Bell Atlantic und GTE entstandene Verizon Communications ist der größte Anbieter von lokalen Telefondiensten in den USA. Sie hat einen Umsatz von 60 Milliarden US-Dollar, insgesamt 260.000 Mitarbeiter, 95 Millionen Telefonanschlüsse und 25 Millionen Mobilfunkkunden. Die Gesellschaft verfügt auch über Hochgeschwindigkeits-Datennetze und ist in 40 Ländern in Nord- und Südamerika, Europa, Asien und im pazifischen Raum aktiv.

Der Abschluss für die 52.000 Streikenden, von denen 15.000 durch die International Brotherhood of Electrical Workers, der Rest durch die Nord-Sektion der Communication Workers of America vertreten werden, läuft über drei Jahre und umfasst eine 12-Prozentige Lohnerhöhung sowie eine Steigerung der Pensionszulagen um 14 Prozent. Das entspricht laut dem Wall Street Journal weit gehend den Abschlüssen, die die Gewerkschaften auch mit anderen Telekom-Carriern in der letzten Zeit erreicht hatten. Außerdem wird Verizon zum ersten Mal Aktien-Optionen an Gewerkschaftsmitglieder ausgeben: Jeder organisierte Angestellte erhält zum Ende dieses Jahres 100 Aktien-Optionen.

Außerdem erreichten die Gewerkschaften, dass Verizon in Zukunft gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern ermöglicht, auch in den am schnellsten wachsenden Abteilungen des Konzerns zu arbeiten: der Mobilfunk-Tochter Verizon Wireless und der Sparte, die für die Installation der DSL-Anlagen zuständig ist. Bislang wollte der Telekom-Konzern in diesen Bereichen gewerkschaftlich organisierte Angestellte ausschließen, um nicht in den Boom-Branchen mit den Forderungen der Gewerkschaften konfrontiert zu werden. Außerdem garantieren die neuen Verträge zwischen den Gewerkschaften und Verizon, dass keine organisierten Angestellten entlassen werden.

Über eine der zentralen Forderungen der Gewerkschaften, der Einschränkung angeordneter Überstunden, wurden Sonntag Nacht die Details noch ausgehandelt; beide Seiten gaben bislang keine weiteren Informationen dazu bekannt. Bislang kann jeder Verizon-Angestellte dazu verdonnert werden, pro Woche in sieben Monaten im Jahr bis zu 10 Überstunden zu machen; in weiteren fünf Monaten im Verlauf eines Jahres sind die Mitarbeiter nach den alten Verträgen verpflichtet, bis zu 15 Überstunden zu machen. Die Gewerkschaften wollen dies auf maximal acht Überstunden pro Woche beschränken.

Der Streik bei Verizon ist einer der ersten größeren Arbeitskämpfe in den USA, der in der jüngsten Zeit in der boomenden Hightech- und Telekom-Branche ausgefochten wurde. Die Vorläufer des Konzerns sahen sich allerdings ebenfalls schon mit Streiks konfrontiert. Verizon zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden: Es lasse genug Flexibilität, um in den schnell wachsenden Märkten erfolgreich zu operieren. Und die Gewerkschaften freuen sich nach ihren Worten über einen Erfolg: Zum ersten Mal sei die Bedeutung von gewerkschaftlicher Organisierung in den neuen Hightech-Branchen klargestellt worden. Details der Abkommen wollen die beteiligten Gewerkschaften im am heutigen Montag Abend (Ortszeit) auf ihren Webseiten bekannt geben.

Nach dem Ende des Streiks stehen die Mitarbeiter rund 90.000 unerledigten Aufträgen für neue Telefonanschlüsse und Reparatur-Anfragen gegenüber. Laut amerikanischen Nachrichtenagenturen gab es trotz des Streiks nur geringe Ausfälle bei den Telefondiensten für die Verizon-Kunden an der US-Ostküste; die internationalen Operationen des Konzerns seien nicht betroffen gewesen. Analysten sahen durch den Streik auch eher das öffentliche Image von Verizon beschädigt, da der Arbeitskampf gerade zu dem Zeitpunkt begann, als die Firma ihren neuen Markenname nach dem endgültigen Zusammenschluss von Bell Atlantic und GTE lancierte. Allerdings wären größere Störungen im Netz von Verizon zu erwarten gewesen, wenn der Streik noch längere Zeit angedauert hätte. (jk)