Streit um Einsatz von Microsoft-Produkten im Digitalunterricht
Streit um Schulsoftware: Schüler und Eltern wollen Open-Source-Lösungen. Kultusministerium plant Einführung von Microsoft-Produkten.
Zahlreiche Verbände haben sich gegen den Einsatz von Microsoft-Produkten auf der Digitalen Bildungsplattform für die Schulen im Südwesten ausgesprochen. Entsprechende Pläne des Kultusministeriums seien wegen mangelhaften Datenschutzes abzulehnen, teilten unter anderem der Landesschülerbeirat, der Landeselternbeirat, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Philologenverband am Mittwoch mit.
Dem hielt das Kultusministerium entgegen, zahlreiche Schulen nutzen bereits MS-365-Anwendungen mit positiven Rückmeldungen. "Viele Schulen weisen darauf hin, dass sich diese Produkte intuitiv bedienen lassen und damit den schulischen Alltag einfach und pragmatisch unterstützen", sagte eine Sprecherin von Ressortchefin Susanne Eisenmann (CDU). "Es ist verwunderlich, dass die Verbände in ihrer gemeinsamen Stellungnahme die Bedürfnisse der Schulen und Praktiker vor Ort offenbar nicht zur Kenntnis nehmen und die Realitäten des Alltags verkennen." Die Microsoft-Produkte sollten auch nur in einem von drei Teilbereichen der Bildungsplattform zum Einsatz kommen.
Open Source von Vorteil
Aus Sicht der 19 Verbände sind Open-Source Lösungen wie Moodle, Nextcloud und Big Blue Button für den digitalen Unterricht vorteilhafter. Sie funktionierten bereits in vielen Schulen und machten den Einsatz von Microsoft-365-Werkzeugen überflüssig. Eine Open-Source-Strategie sei auch im Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz festgelegt. "Der Datenschutz der 1,5 Millionen Schüler sowie der 100.000 Lehrer darf nicht verhandelt werden", betonte der Landesschülerbeirat.
Die Verbände forderten das Land auch auf, die digitale Souveränität zu behalten. Es dürfe sich nicht abhängig machen von einem Angebot wie Microsoft 365, weil es vom Anbieter oder der Regierung des Landes, wo dieser seinen Firmensitz habe, eingeschränkt oder abgeschaltet werden könne. Bei MS 365 sei die Datenschutzkonformität nicht überprüfbar. Auch die Verbraucherzentrale pochte auf die Nutzung einer quell-offenen und datenschutzkonformen digitalen Infrastruktur.
Keine Abhängigkeit von Microsoft
Die Sprecherin Eisenmanns betonte hingegen: "Alle Angebote, die wir den Schulen mit der Digitalen Bildungsplattform machen wollen, sind freiwillig. Wir bieten den Schulen in einem Gesamtpaket verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl." Von einer Abhängigkeit von Microsoft könne nicht die Rede sein. Andererseits hätten die vergangenen Wochen gezeigt, dass vergleichbare leistungsfähige Lösungen im Open-Source-Bereich fehlten und die Entwicklungen auf Bundes- und europäischer Ebene noch am Anfang stünden.
Der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink sagte mit Blick auf ein von ihm begleitetes Pilotprojekt an etwa 30 Berufsschulen, die Probleme bei US-Produkten seien bekannt. Microsoft sei dies bewusst, der Konzern versichere aber, das technisch in den Griff zu bekommen. "Ich gehe davon aus, das Microsoft sich große Mühe geben wird, Datenschutzkonformität herzustellen." Insbesondere müsse sichergestellt werden, dass Hintergrunddaten nicht nach USA abflössen. Das achtwöchige Pilotprojekt werde voraussichtlich im März abgeschlossen sein. Die Sprecherin Eisenmanns betonte, Ziel sei eine Lösung mit einem stimmigen Datenschutzkonzept.
Die Verbände bemängelten weiterhin, eine frühe Prägung der Schüler auf Microsoft-Software laufe der angestrebten Medien- und Verbraucherbildung junger Menschen zuwider. Sie sollten die Chance erhalten, frei zugängliche Lern- und Lehrmittel zu nutzen. Wenn einzelne Familien sich rechtlich gegen die Anwendung der US-Software wehren wollten, sei womöglich der Schulfrieden gefährdet.
(emw)