Streit um Java geht weiter

Sun hat den Disput mit Microsoft um Java erneut aufgenommen, denn Microsoft liefert mit dem Internet Explorer 6 und Windows XP keine Java Virtual Machine mehr mit.

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Von
  • Karsten Violka

Sun hat den Disput um die Java-Plattform mit Microsoft erneut aufgenommen. Die Erfinder der plattformübergreifenden Sprache schalteten letzte Woche ganzseitige Anzeigen in verschiedenen US-Tageszeitungen, um die Verbraucher darauf hinzuweisen, dass Microsoft im neuen Internet Explorer 6 sowie bei Windows XP Java unter den Tisch fallen lassen wird. In der Anzeige fordern sie die Kunden dazu auf, Microsoft zu einer Integration von Java zu bewegen. Außerdem wendet sich Sun an die PC-Hersteller und bittet diese, eine Virtual Machine auf ihren Systemen vorzuinstallieren.

Tatsächlich besitzen die neuen Versionen des Explorers keine Java-Unterstützung mehr, auf der CD wird diese auch nicht mehr mitgeliefert. Die alte Java Virtual Machine von Microsoft (sie basiert auf Suns JDK 1.1) kann jedoch beim ersten Besuch einer Seite mit Java-Applet als 5 MByte grosse Datei aus dem Netz geladen werden.

Laut US-Medien hat Microsoft auf diese Kampagne mit einer Erklärung reagiert. Microsoft möchte darin "einige Fakten klarstellen": Suns Kampagne sei eine "Scheinheiligkeit ohne Gleichen", denn Sun habe mit allen Mitteln seit Jahren versucht, Microsoft daran zu hindern, seine selbst entwickelte Virtual Machine auszuliefern, die "speziell auf Windows zugeschnitten war". "Anstatt eine neue Lizenzvereinbarung anzustreben, legte Sun den Rechtstreit bei, indem sie ein Auslaufen der Entwicklung unserer Java-Implementation angeboten haben." Sun habe dies als grossen Sieg gefeiert, zitiert der Newsdienst CNet eine amerikanischen Microsoft-Sprecher.

In dem Rechtsstreit, der 1997 begann, klagte Sun gegen Microsofts Implementation der VM, weil Microsoft sich teilweise nicht an die von Sun gesetzten Standards halten wollte und dadurch die Plattformunabhängigkeit der Sprache gefährdete. In der Einigungsvereinbarung stimmte Sun zu, dass Microsoft seine eigene alte Version für weitere 7 Jahre nutzen darf, verbot Microsoft aber, neuere Versionen zu veröffentlichen, die nicht von Sun zertifiziert wurden. Microsoft durfte aber eigene Produkte als Konkurrenz zu Java entwickeln – dieses Engagement integrierte Microsoft nun in seine .NET-Strategie, die mit Windows XP zum ersten Mal auf breiter Basis eingesetzt wird und in vielen Bereichen Java-Konzepte übernommen hat.

Ein Sprecher von Microsoft Deutschland sieht die Sache gegenüber heise online aber recht undramatisch: Seiner Ansicht nach hat die Virtual Machine einen nicht mehr so hohen Stellenwert im Internet und sei mit vielen anderen Plug-ins vergleichbar, die ebenfalls nicht mitgeliefert werden; außerdem könnten sich die Benutzer Java als Plug-in nachinstallieren. Durch den jahrelangen Rechtsstreit mit Sun sei Microsoft müde geworden, ein System zu unterstützen, dass sie nicht selbst weiterentwickeln dürfen.

Auf seiner Webseite nimmt auch Sun offiziell Stellung zu dem Thema und wünscht sich, dass Microsoft die aktuelle Java2-Plattform lizenzieren würde.

Vielleicht ist der Wegfall der alten Java-Implementation im Explorer aber gar nicht so negativ zu sehen: Wenn sich die Nutzer die aktuelle Version 1.3.1 als Plug-in installieren, erhalten sie ein schnelleres und stabileres System als mit dem veralteten Microsoft-Java; und die Entwickler könnten auch die neuen Java-Features benutzen. (kav)