Streit um künftige Telekom-Regulierung

Aus der SPD-Bundestagsfraktion kommen Forderungen nach einer "Akzentverschiebung" in der Telekom-Regulierung; Wirtschaft und CDU/CSU kritisieren dies scharf.

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Von
  • Jürgen Kuri

Gestern erst hat der Beirat der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post die Entscheidung über den neuen Chef der RegTP auf Mitte Januar verschoben; heute kochen die Auseinandersetzungen über einen möglichen Kurswechsel in der Telekom-Regulierung über: Wirtschaftsverbände und CDU/CSU warnten vor einer Richtungänderung in der Politik der Regulierungsbehörde.

Auslöser für die Kritik war ein Papier des Vorsitzenden des Bundestags-Unterausschusses für Telekommunikation und Post, Klaus Barthel (SPD). Darin werden Akzentverschiebungen in der Regulierungspolitik gefordert. Nach den Erfolgen bei der Schaffung von Wettbewerb durch die Regulierungsbehörde müsse nun den Marktveränderungen seit Ende des Monopols der Deutschen Telekom Anfang 1998 Rechnung getragen werden.

Die Telekom werde zurzeit über Gebühr belastet, meinte der SPD-Politiker laut dpa. "Wir wollen Kontinuität für Bewährtes, Berechenbarkeit für die Marktteilnehmer in einer sensiblen Branche und Verbesserungen dort, wo sich berechtigte Kritik angesammelt hat", heißt es in dem Thesenpapier. Die personellen Veränderungen an der Spitze der Regulierungsbehörde hätten mit dieser Diskussion nichts zu tun.

Schon Anfang letzter Woche wollte der Focus allerdings aus Kreisen der Regulierungsbehörde erfahren haben, Kurth werde nur neuer RegTP-Chef, wenn er gegenüber Deutscher Telekom und der Post mehr Wohlverhalten zeige als der bisherige Präsident Klaus-Dieter Scheurle. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte solche Berichte bislang als völlig unzutreffend zurückgewiesen.

Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) hat nun erneut vor einer Aufweichung des Regulierungskurses gewarnt. Man wende sich gegen die heute bekannt gewordenen Überlegungen der SPD-Bundestagsfraktion, die "im Ergebnis auf einen Kurswechsel hinausliefen", wie es bei beim DIHT hieß.

Die Auffassung, es gebe schon ausreichenden Wettbewerb, sei aus Sicht der Wirtschaft und der Verbraucher falsch, erklärte der DIHT zu den Auseinandersetzungen um den künftigen Kurs der Regulierungsbehörde. Nicht nachvollziehbar sei das Argument, die bisherige Regulierung habe Investitionen blockiert. Richtig sei vielmehr, dass Wettbewerber immer noch auf Hemmnisse stießen, die den Marktzutritt erschwerten. Ohne die mutigen Regulierungsentscheidungen Scheurles stünden sie heute schlechter da. Die jüngste Flatrate-Entscheidung der Regulierungsbehörde sei beispielsweise geradezu zwingend gewesen. Fragwürdig sei es nur, wenn jetzt gesagt werde, diese Entscheidung müsse wieder kassiert werden, weil sie auf Druck bestimmter Wettbewerber zu Stande gekommen sei und dem Verbraucher so nichts bringe.

Mit den jüngsten Vorstellungen aus der SPD-Fraktion würden verbraucherfreundliche Entwicklungen auf dem Telefonmarkt gestoppt und die Kunden müssten in Form von höheren Telefongebühren die Zeche zahlen, sagte auch die Vorsitzende des Beirates der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, Elmar Müller (CDU), am heutigen Dienstag in Berlin. Zugleich gerieten die bei den neuen Telefonfirmen geschaffenen über 150.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Noch vor der Wahl des neuen Präsidenten der Regulierungsbehörde müsse die Bundesregierung eine klare Aussage darüber treffen, wie die künftige Regulierungspraxis aussehen wird, forderte Müller.

Barthel greife in einem Rundumschlag alle zentralen Forderungen auf, mit denen die Telekom seit Monaten versuche, bei politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit Stimmung gegen den Wettbewerb zu machen, kritisierte der Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwegdiensten (VATM), Jürgen Grützner. "Mit der von der SPD geforderten Marktabgrenzung würde das Wettbewerbsrecht geradezu auf den Kopf gestellt und der Telekom ein Freibrief ausgestellt, genau dort Preisdumping zu machen, wo der Wettbewerb gerade Fuß fasst", argumentierte Grützner. (jk)