Strom aus heißem Abfall

Neuartige Müllverbrennungsanlagen produzieren aus dem Ausgangsmaterial zunächst Syngas, das sich wesentlich sauberer verbrennen lässt.

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Ende Juni beschloss der Rat der Stadt Ottawa im kanadischen Bundesstaat Ontario ohne Gegenstimme den Bau eines neuen Kraftwerks. Es soll aus 400 Tonnen Müll pro Tag insgesamt 21 Megawatt Nettoenergie erzeugen – genügend Strom, um immerhin 19.000 Haushalte zu versorgen. Die Anlage ist etwas Besonderes: Statt den Abfall wie in gewöhnlichen Müllverbrennungsanlagen einfach zu rösten, wandelt das Kraftwerk unter hoher Temperatur und Entzug von Sauerstoff seine nutzbaren Bestandteil in so genanntes Syngas, einer Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, um. Dieses lässt sich dann in speziellen Generatoren sauber verbrennen. Betreiber PlascoEnergy nutzt zur Erzeugung der notwendigen Hitze elektrisch angeregte Plasmafackeln, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe. Übrig bleibt nur noch eine Schlacke, die sich beispielsweise in der Bauwirtschaft als Beimischung für Zement eignet.

Das Projekt in Ottawa ist die erste Großanlage ihrer Art in Kanada und den USA; einige dieser Müllvergasungsanlagen wurden bereits in Europa und Asien gebaut, wo die Deponieprobleme größer und die Energiepreise stets höher waren als in Nordamerika. Bislang lag das Problem auch in den hohen Produktionskosten: Plasma-Anlagen nutzen starke elektrische Ströme, um ein superheißes Plasma zu erzeugen, das dann als Katalysator dient. Das Problem: Die dafür benötigte Energie lag manchmal nur wenig über dem Energie-Output. Aus diesem Grund nutzte man solche Anlagen vor allem dazu, Giftmüll und andere gefährliche Stoffe unschädlich zu machen. "Man hat über die Produktion von Strom gar nicht weiter nachgedacht", sagt Rod Bryden, Chef von PlascoEnergy.

Sein Unternehmen begann vor fünf Jahren nach Möglichkeiten zu suchen, dennoch festen Abfall in Energie umzuwandeln – und zwar mit Hilfe weniger heißer Plasmaflammen, die sich kostengünstiger und mit weniger Strombedarf erzeugen lassen. Entsprechende Simulationen sprachen für den Prozess. "Die Hitzemenge, die notwendig ist, um Gase und Feststoffe zu trennen, war wesentlich geringer als die, die man braucht, wenn man das Material gänzlich zerstören will", sagt Bryden.

Der Produktionsprozess unterteilt sich in mehrere Stufen. Zunächst werden alle Metallteile aus dem Abfall entfernt und der Rest des Mülls dann in einen Shredder gegeben. Dieses Ausgangsmaterial erreicht dann eine Vergasungskammer mit Temperaturen um 700 Grad Celsius. Dadurch entsteht eine komplexe Mischung aus Gasen, die dann nach oben steigt und dort auf eine Plasmaflamme trifft, die mit 1200 Grad brennt – deutlich kühler als die 3000 bis 5000 Grad, die man zur Vernichtung von Giftmüll braucht. Das Plasma reduziert die komplexe Gasmischung zu einer einfachen Kombination aus Dampf, Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Außerdem sind noch Fremdstoffe wie Quecksilber und Schwefel enthalten, die mit einem daran anschließenden Reinigungssystem entfernt werden – auch Ruß wird so abgeschieden. Schließlich wird das fertige Syngas zu einem Verbrennungsgenerator geleitet, der Strom erzeugt.

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(bsc)