Studie: Bei wem datensammelnde Apps Unbehagen erzeugen

Komisches Gefühl dabei, eine App zu installieren, die Daten sammeln will? Davor ist kaum jemand gefeit. Aber man hat sich daran gewöhnt.

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(Bild: TATSIANAMA/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Apps, die Daten über ihre Nutzer und die Verwendung der App sammeln, verursachen ein schwer zu fassendes, ungutes Gefühl. Wie das unangenehme Gefühl erfasst und quantifiziert werden kann, haben Forscher der dänischen University of Copenhagen in einer Studie ermittelt.

Was Unbehagen bereitet, meiden Menschen gemeinhin. Bei Apps sei dies jedoch nicht der Fall, beschreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Grundproblem, dem sie sich in ihrer Studie "Still Creepy After All These Years: The Normalization of Affective Discomfort in App Use", die in CHI Conference on Human Factors in Computing Systems veröffentlicht wurde, angenommen haben. Zwar haben Umfragen ergeben, dass Nutzer emotionalen Stress empfinden, wenn sie Apps verwenden, die persönliche Daten sammeln. Trotzdem benutzen sie diese Apps weiter.

Irina Shklovski, Professorin am Institut fĂĽr Informatik an der University of Copenhagen, begrĂĽndet das widersinnige Verhalten damit, dass "Menschen dieses unangenehme GefĂĽhl fast als Teil der Nutzererfahrung akzeptieren. Irgendwie sind wir darauf trainiert worden, damit zu leben, dass wir uns unwohl fĂĽhlen." FĂĽr Shklovski und ihre Kolleginnen und Kollegen ist das allerdings nicht akzeptabel. Deswegen sind sie den Ursachen fĂĽr das Unbehagen auf den Grund gegangen.

Die Forscher ermittelten drei Anforderungen, die Apps erfüllen müssen, um bei Nutzenden ein unangenehmes Gefühl auszulösen: Die App muss die Grenzen des Nutzers oder der Nutzerin verletzen, das unerwartet tun und eine unklare Bedrohung aufweisen. Shklovski betont, dass es hier überwiegend um emotionale Reaktionen geht. Sogar wenn die Nutzenden wissen, dass in der App technische Barrieren eingezogen worden sind, um den Missbrauch personenbezogener Daten zu verhindern, können sie sich trotzdem unwohl fühlen.

Das Wissenschaftsteam überführte die drei Kategorien in ein Bewertungssystem. Insgesamt 751 Probandinnen und Probanden sollten in diesen Kategorien jeweils ihre Empfindungen bei der Nutzung der fiktiven App "Remember the Music" bewerten. Die App verhielt sich ähnlich wie andere Musikerkennungs-Apps. Spielt ein Song etwa im Radio, lässt ein Nutzer das Smartphone zuhören. Nach einer Analyse des Soundschnipsels spuckt die App dann Titel und Interpret aus. Die Teilnehmenden der Studie mussten vor der Verwendung der App einer Lizenzvereinbarung zustimmen, die, wie Shklovski feststellte, oft ohne zu überlegen sofort akzeptiert wurde.

Die Forscherinnen und Forscher setzten die Probanden unterschiedlichen unerwarteten Verhaltensweisen der App aus. So erfasste die App den Standort der Nutzenden, machte Vorschläge für weitere Musik der erkannten Interpreten oder postete auf Facebook, welche Musik die Studienteilnehmer gerade hörten. Einigen der Probandinnen und Probanden gab das Forschungsteam Kontrolle über die App-Aktivitäten. Sie konnten dann etwa zustimmen, ob ihre Musik auf Facebook gepostet werden darf oder nicht.

Das Ergebnis der Befragungen fiel überraschend aus: Die Gruppe, die die Kontrolle hatte, fühlte sich unwohler als die, die keine hatte. "Anwälte und Organisationen, die sich für die Verbesserung des Datenschutzes einsetzen, konzentrieren sich oft darauf, die Kontrolle der Nutzer zu verbessern. Auch wenn dies aus anderen Gründen wünschenswert sein mag, zeigen unsere Untersuchungen leider, dass der emotionale Stress für die Nutzer dadurch nicht gemindert wird", sagt Shklovski.

Zugleich berücksichtigte das Forschungsteam, die selbst eingeschätzte Digitalkompetenz der Teilnehmenden. Dabei stellte sich heraus, dass diejenigen mit hoher Digitalkompetenz den Apps weniger kritisch eingestellt waren. Bei ihnen war die Wahrscheinlichkeit höher, die invasiven Apps weiterzunutzen. Das Ergebnis steht damit der allgemeinen Auffassung entgegen, dass Menschen, die mit der Zeit ein höheres digitales Bewusstsein entwickeln, sich für solche Apps entscheiden, die weniger aufdringlich sind.

(olb)