Studie: Homeoffice macht Arbeitnehmer produktiv, sorgt aber auch für Stress

Beschäftigte, die teils zu Hause oder mobil arbeiten, fühlen mit der Zeit eine Leistungssteigerung. Doch zugleich steigt der Druck der ständigen Erreichbarkeit.

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(Bild: MT-R/Shutterstock.com)

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Hybrides Arbeiten ist für die Beschäftigten ein zweischneidiges Schwert: Der Wechsel zwischen Homeoffice und Firmenbüro macht Mitarbeiter nach eigener Einschätzung mit der Zeit produktiver. Aber auch die Zahl derjenigen Beschäftigten steigt, die schwerer abschalten können und sich gestresst fühlen. Das geht aus der Langzeitstudie "social health@work" hervor, die ein Forschungszentrum zu beruflichen Themenfeldern der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit der Barmer-Krankenkasse durchführte. Demnach ist seit Mitte 2022 der Anteil der Befragten, die ihre Arbeitsleistung positiv einschätzen, von 57 auf 60 Prozent gestiegen. Parallel ist jedoch die Quote derer, die in ihrer Freizeit die Arbeit ohne größere Mühe vergessen konnten, von 53 auf 47 Prozent gesunken.

Im Rahmen der Studie untersuchte das Forscherteam vier Jahre lang die soziale Gesundheit am Arbeitsplatz und welche Auswirkungen Digitalisierung und Flexibilisierung auf die Arbeitswelt haben. Dazu wurden halbjährlich mehr als 8000 Erwerbstätige in Deutschland befragt. Diese Stichprobe ist den Wissenschaftlern zufolge repräsentativ für den Teil der deutschen Erwerbsbevölkerung, für die mobiles Arbeiten prinzipiell in Frage kommt. Den jetzt veröffentlichten Ergebnissen zufolge verweisen die Daten zu Produktivität und Erholung im Zeitverlauf auf ein typisches Spannungsfeld: "Im Verlauf der letzten vier Erhebungswellen sind Beschäftigte durchschnittlich zunehmend engagierter und schätzen sich selbst als erfolgreicher bei der Arbeit ein." Gleichzeitig sei aber etwa auch der Anteil derer, die sich nach der Arbeit "emotional erschöpft" fühlen, leicht von 23 auf 24 Prozent angestiegen und betreffe nun fast ein Viertel der Erwerbstätigen.

Durch mobile Arbeit sei es etwa "immer und überall möglich", zwischendurch noch schnell die E-Mails zu checken, erläutern die Forscher. Also "auch beim Abendessen mit der Familie, am Wochenende oder im Urlaub". Nähmen solche Verletzungen der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu, erhöhe dies wiederum den sogenannten "Telepressure". Das sei der Druck, "den Beschäftigte empfinden, ständig für die Arbeit erreichbar zu sein und schnell auf Arbeitsanforderungen zu reagieren – auch in der Freizeit". Nachgelagert erhöhe dies "die emotionale Erschöpfung, die einen bedeutenden Risikofaktor für Burnout darstellt". Laut einer anderen Untersuchung rechnen die meisten deutschen Unternehmen (60,1 Prozent) mit einer gleichbleibenden Produktivität, falls ihre Beschäftigten wieder vollständig ins Büro zurückkehren.

Letztlich entscheidend sei, geht aus der neuen Studie weiter hervor, wie Individuen, Führungskräfte, Teams und Organisationen mit einschlägigen Herausforderungen umgehen, "damit Beschäftigte die Vorteile der erhöhten Flexibilität gesund nutzen können". Die Experten empfehlen etwa, Freizeit "aktiv" zu gestalten. Förderlich sei auch eine zeitliche und örtliche Abgrenzung von Arbeit und Beruf sowie eine mentale Einstimmung auf den Schaffensprozess zu Beginn eines jeden Werktages. Führungskräfte müssten dafür sorgen, dass Teams sich trotz räumlicher Distanz und verschiedener Bedürfnisse verbunden fühlen und effektiv zusammenarbeiten könnten.

Zu allen acht Erhebungswellen arbeiteten rund 60 Prozent der Befragten mobil. Das Homeoffice sei also über die Pandemie hinaus beliebt, ist der Analyse zu entnehmen. Der Wunsch nach mobiler Arbeit bleibe konstant, wobei sich 2 bis 2,5 Tage pro Woche als die bevorzugte Anzahl wöchentlicher Zeit im Homeoffice herauskristallisierten. Während der Anteil der tatsächlichen mobilen Arbeit im Durchschnitt der ersten vier Wellen während der Corona-Pandemie auf bis zu 36 Prozent anstieg (entspricht 1,8 Arbeitstagen bei einer 5-Tage-Woche), pendelte sich dieser zuletzt bei 28 Prozent ein (entspricht 1,4 Tagen). Über den gesamten Erhebungszeitraum hinweg gaben durchweg etwa 50 Prozent der Befragten zugleich an, dass ihre direkten Vorgesetzten großen Wert auf die Anwesenheit der Teammitglieder im Büro legten. (hos)