Studie: Labore stehen vor tiefgreifendem Wandel durch Roboterautomatisierung

Wissenschaftliche Labore können ihre Experimente automatisieren und dadurch Forschung beschleunigen. Dazu sind Roboter und Künstliche Intelligenzen nötig.

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Ein Roboter in einem Labor.

(Bild: Johnny Andrews / UNC Chapel Hill)

Lesezeit: 4 Min.

Ein Forschungsteam der University of North Carolina Chapel Hill (UNC Chapel Hill) sieht wissenschaftliche Labore vor einem tiefgreifenden Wandel stehen, der durch Roboterautomatisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) ausgelöst wird. Wissenschaftliche Experimente könnten mit ihnen beschleunigt und präziser ausgeführt werden. Die Wissenschaftler erwarten dadurch mehr und schnellere Durchbrüche in den Bereichen Gesundheit, Energie und Elektronik.

"Heutzutage erfordert die Entwicklung neuer MolekĂĽle, Materialien und chemischer Systeme intensiven menschlichen Einsatz", sagt Dr. Ron Alterovitz, Professor am Fachbereich Informatik der UNC Chapel Hill und Hauptautor der Studie "Transforming science labs into automated factories of discovery", die in Science Robotics erschienen ist. "Wissenschaftler mĂĽssen Experimente planen, Materialien synthetisieren, die Ergebnisse analysieren und den Prozess wiederholen, bis die gewĂĽnschten Eigenschaften erreicht sind."

Dieser "Trial and Error"-Ansatz verschlinge sehr viel Zeit und sei sehr arbeitsintensiv. Die Automatisierung dieser Vorgänge durch Roboter und den Einsatz von KI sei daher ein logischer Schluss. Roboter können Experimente dauerhaft durchführen, ohne dabei zu ermüden. Das würde die Forschung erheblich beschleunigen, schreiben die Wissenschaftler.

Roboter können wesentlich präziser arbeiten als Menschen und auch die durchzuführenden Schritte der einzelnen Experimente präziser und beständiger erledigen. Auch seien die Sicherheitsrisiken geringer, wenn etwa mit gefährlichen Substanzen umgangen werden muss. Die Roboter würden Forscher bei den Routineaufgaben entlasten, sodass diese mehr Zeit haben, sich auf wichtigere, übergeordnete Forschungsfragen zu konzentrieren. Dadurch sei es möglich, schnellere Durchbrüche in unterschiedlichen Disziplinen zu erzielen.

Ganz so einfach ist es jedoch nicht, räumt das Forschungsteam ein, denn dazu müssen Roboter entwickelt werden, die zusammen mit den Wissenschaftlern in einer gemeinsamen Laborumgebung arbeiten können. Dazu bedarf es "kreativer Lösungen", schreiben die Forscher.

Auch müssen KIs entwickelt werden, die durch Experimente erzeugte Datensätze analysieren, Muster darin erkennen und neue Ideen für weitere Forschungen geben. Sie könnten etwa auch autonom bestimmen, welche Experimente durchgeführt werden, Anpassungen an den Experimenten in Echtzeit vornehmen und dadurch den Forschungsprozess verbessern. Gemeinsam mit Robotern ließe sich so nahezu der gesamte Laborbetrieb automatisieren.

"Wir gehen davon aus, dass Robotik und Automatisierung bei fortgesetzter Entwicklung die Geschwindigkeit, Präzision und Reproduzierbarkeit von Experimenten über verschiedene Instrumente und Disziplinen hinweg verbessern und Daten erzeugen werden, die von Systemen der Künstlichen Intelligenz analysiert werden können, um weitere Experimente anzuleiten."

Um das zu erreichen, haben die Wissenschaftler in ihrer Studie fĂĽnf Stufen fĂĽr die erfolgreiche Laborautomatisierung entwickelt:

  • Assistierende Automatisierung (A1): In dieser Stufe werden lediglich einzelne Aufgaben automatisiert, wie der Umgang mit FlĂĽssigkeiten. Den GroĂźteil der Arbeit verrichtet weiterhin der Mensch.
  • Teilweise Automatisierung (A2): In der zweiten Stufe fĂĽhren Roboter bereits mehrere aufeinander folgende Arbeitsschritte durch. Der Forscher muss sich dann lediglich um die Einrichtung und Ăśberwachung der automatisierten Prozesse kĂĽmmern.
  • Bedingte Automatisierung (A3): Roboter ĂĽbernehmen den gesamten Versuchsablauf. Der Mensch greift bei unerwarteten Ereignissen nur noch ein.
  • Hohe Automatisierung (A4): Roboter ĂĽbernehmen selbstständig die DurchfĂĽhrung von Experimenten. Sie richten auch die dafĂĽr nötigen Geräte ein und reagieren ohne menschliches Eingreifen auf unvorhersehbare Vorkommnisse.
  • Vollständige Automatisierung (A5): In der höchsten Stufe arbeiten die Roboter und KI-Systeme vollständig autonom. Sie können sich dann auch selbst warten und ihre Sicherheit managen.

Diese Stufen können als Anhalt dienen, um Labore zukünftig schrittweise zu automatisieren, schreiben die Wissenschaftler.

Die Umsetzung der Automatisierung sei jedoch technisch und logistisch herausfordernd. Denn die Labore stellen je nach Art, wie etwa Einzelprozesslabore bis zu Großraumlaboren, unterschiedliche Anforderungen. Die Automatisierungssysteme müssen daher flexibel ausgelegt sein, also etwa Roboter verwendet werden, die mobil sind und Aufgaben an unterschiedlichen Stationen erledigen können.

Zudem müssen die Wissenschaftler speziell geschult sein, um mit den Systemen umgehen zu können. So benötigen sie Kenntnisse über ihre Fachdisziplin hinaus über Robotik, Datenwissenschaft und KI. Nur dann könne das Potenzial der Automatisierung gänzlich ausgeschöpft werden, so die Forscher.

(olb)