Studie: Steigt die Temperatur, steigt auch der Hass im Internet

Eine Studie hat die Auswirkung von Temperaturen auf die Anzahl von Hassnachrichten auf Twitter verglichen. Das Ergebnis: Hass ist temperaturabhängig.

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(Bild: Shutterstock)

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Ein Zusammenhang zwischen dem Klima und Aggressionen in der "Offline-Welt" wurde bereits hergestellt. In einer Studie haben Forschende nun die Auswirkung auf Hasskommentare im Internet untersucht: bei gemäßigten Temperaturen sind Hassnachrichten auf Twitter am niedrigsten. Ändert sich die Temperatur, egal in welche Richtung, steigt die Zahl der hasserfüllten Tweets – bei Hitze nehmen sie deutlich zu, erklärt die Studie, die auf The Lancet veröffentlicht wurde.

Der Studie zufolge kommen Hassnachrichten auf Twitter bei Temperaturen von 12 Grad bis 21 Grad Celsius am seltensten vor. Fiel das Thermometer auf -3 bis -6 Grad, beobachteten die Wissenschaftler in den Auswertungen einen Anstieg entsprechender Inhalte um bis zu 12,5 Prozent. Wurde es richtig heiß (42 bis 45 Grad), verdoppelte sich die Hass-Tweets nahezu auf bis zu 22 Prozent gegenüber den gemäßigten "Wohlfühl"-Temperaturen.

Selbst in einkommensstarken Gebieten, in denen Menschen die Temperaturen etwa über Klimaanlagen regulieren könnten, sei eine Zunahme von Aggressionen an heißen Tagen beobachtet worden. Unabhängig vom Klima, in dem die Menschen leben, gebe es eine Grenze dessen, was Menschen ertragen können, so die Forschenden.

Demnach habe die Temperatur Auswirkungen auf zwischenmenschliche Konflikte und gesellschaftliche Aggression und verstärke die Tendenzen auch im Internet. Menschen hätten nur eine begrenzte Anpassungsfähigkeit an extreme Temperaturen, interpretieren die Forscher der Studie den bisher wenig beachteten Aspekt als Folge des Klimawandels.

Die Beziehung zwischen der täglichen Höchsttemperatur und der prozentualen Änderung der Anzahl von Hass-Tweets.

(Bild: The Lancet)

Frühere Forschungen haben bereits die Auswirkungen des Klimawandels auf Aggressionen bei Menschen untersucht und dabei drei wesentliche Punkte ausgemacht: Heiße Temperaturen verursachen körperliches Unbehagen und lösen Gewalt und Aggression aus, aggressionsanfälliges Verhalten bei Erwachsenen, bedingt durch schlechtere sozioökonomischen Bedingungen als Folge des Klimawandels und sich ändernde klimatische Bedingungen, und zunehmende Extremwetterereignisse verstärken Aggressionen auf Gruppenebene. Ein Zusammenhang bestehe auch zwischen Temperaturanomalien und dem Risiko für bewaffnete Konflikte.

Das Internet wird zunehmend ein Ort für Hass und Hetze, mit Auswirkungen auf die Betroffenen. Vier von zehn Amerikanern erlebten demzufolge persönliche Onlinebelästigungen. Überproportional treffe es Gruppen mit einem erhöhten Risiko für Ausgrenzungen, so seien beispielsweise LGBTQ-Teenager gegenüber Gleichaltrigen viermal häufiger sexuellen Belästigungen im Internet ausgesetzt. Die Onlinebelästigung sei zudem schwerwiegender geworden und habe sich gleichzeitig innerhalb der Gesellschaft normalisiert.

In einer Umfrage gab knapp ein Viertel von befragten Gamern an, dass sie online schlechte Erfahrungen in Form von Hasskommentaren oder Mobbing gemacht hätten. Seit dem 1. Februar müssen soziale Netzwerke strafbare Inhalte und Daten der Verdächtigen melden – Gesetz "zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität". Dafür hat das BKA eine Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) eingerichtet. Dort wurden bis vor Kurzem erst 1950 Meldungen bearbeitet.

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In die Auswertung flossen rund 4 Milliarden Tweets aus 773 US-Städten zwischen dem 1. Mai 2014 und dem 1. Mai 2020 ein. Die Studie, in der Hassrede mithilfe maschinellen Lernens herausgefiltert wurde, wurde vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung durchgeführt. Verglichen wurden die Daten mit den jeweiligen ortsbezogenen Tagestemperaturen.

(bme)