Studie zum Digitaltag: Viele fühlen sich in Digitalisierung abgehängt

Die Digitaltag-Aktionen am 7. Juni sollen einen niedrigschwelligen Zugang zur Digitalisierung fördern. Eine Studie zeigt: Viele fühlen sich bereits abgehängt.

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Ankündigung des Digitaltags am 7. Juni auf einem Foto mit Luftballons, die in den Himmel steigen

Zahlreiche Angebote sollen am Digitaltag das Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz beleuchten.

(Bild: DFA Digital für alle)

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"Für die digitale Teilhabe müssen wir noch eine ganze Menge tun", sagt Ralf Wintergerst, Präsident des Bitkom e. V., zur Ankündigung des Bundesweiten Digitaltags am 7. Juni. Bei dem Aktionstag gibt es zahlreiche Angebote, um online wie offline einen niedrigschwelligen Zugang zum Thema Digitalisierung zu schaffen. Mehr als 2000 Aktionen sollen Chancen und Risiken der digitaler werdenden Welt beleuchten, Berührungsängste reduzieren und Menschen aufklären. Schwerpunktthema ist Künstliche Intelligenz.

Wintergerst bezieht sich auf eine Befragung seines Verbandes zur Wahrnehmung der Digitalisierung in Deutschland. Demnach sehen 63 Prozent die Gesellschaft in Deutschland digital gespalten. Im Vergleich zu den Vorjahren ist dieser Wert gestiegen: 2023 lag er noch bei 60 Prozent, 2022 bei 58 Prozent. Dabei stehen 86 Prozent der Befragten der Digitalisierung sehr positiv oder eher positiv gegenüber. Laut der Befragung ist diese Einstellung über alle Altersgruppen stabil: Die meisten grundsätzlich positiv eingestellten Personen sind zwischen 30 und 49 Jahre alt (90 Prozent positiv), knapp gefolgt von den 50- bis 64-Jährigen (89 Prozent) und den 16- bis 29-Jährigen (85 Prozent). Doch auch die Menschen zwischen 65 und 74 Jahren und auch die älteren sehen die Digitalisierung grundsätzlich positiv (jeweils 80 Prozent). 13 Prozent gaben an, eine negative Einstellung zu digitalen Technologien zu haben.

Zugleich fühlen sich viele Menschen abgehängt: 34 Prozent gaben an, die Digitalisierung mache ihnen Angst. 44 Prozent befürchten, der technischen Entwicklung nicht folgen zu können. "Das sollte uns Sorge machen", sagt Wintergerst. Dennoch geht er davon aus, dass sich viele Ängste über Aufklärung und Bildung beheben lassen. Die Digitalisierung sei schnell, die Politik komme kaum hinterher. "Man muss die Digitalisierung so anreichen, dass sich Menschen auch damit anfreunden können", betont Wintergerst. Dass dies auch künftig immer wichtiger wird, sehen auch viele der Befragten: 77 Prozent gehen davon aus, wer sich nicht gut mit digitalen Geräten und Anwendungen auskenne, habe es im Alltag zunehmend schwer. Gleichzeitig denken 85 Prozent, digitale Geräte und Anwendungen erleichtere ihr Leben.

"Künstliche Intelligenz verändert unser Leben sehr stark und sehr schnell", unterstreicht auch Christian Engelhardt vom Deutschen Landkreistag. "Unser Privatleben, unsere soziale Teilhabe und unser Arbeitsleben wird sich ändern." Aus Sicht der Verwaltungen seien die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eine große Chance. "Sie ermöglicht, dass Verwaltung trotz Fachkräftemangels funktionieren kann." So könne Verwaltung etwa rund um die Uhr in jeder Sprache verfügbar sein, spare Zeit und erhöhe die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger. Ein ganz praktisches Beispiel brachte Engelhardt ebenfalls ein: Seine Verwaltung arbeite etwa mit ins Auto eingehängten Handys, um live den Straßenzustand zu erfassen.

Dennoch brauche es die Bereitschaft der Menschen, sich auf die Entwicklungen einzulassen. Das setze allerdings Transparenz in der Datenverarbeitung, Qualität und Vertrauen voraus. "Wir müssen den Menschen die Risiken zeigen und ihnen durch Kenntnis dieser Risiken den Mut geben, auszuprobieren", so Engelhardt.

Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer Funktion als Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbands betonte die Rolle der Volkshochschulen bei diesem Vorhaben. "Digital ist nicht nur unsere Sprache der Zukunft, es ist auch die Sprache der Gegenwart." Es gebe die, die mit der digitalen Sprache aufgewachsen seien und es gebe ihre Generation, die sie erst mühsam erlernen müsse. Zugleich gebe es eine große Gruppe, die von Erleichterungen durch KI profitiere, ohne zu wissen, dass KI dahinterstecke. Der Digitaltag sei eine gute Gelegenheit, sich zu informieren und ohne Angst auszuprobieren.

Die ehemalige Verteidigungsministerin betont zudem die Bedeutung Ehrenamtlicher im Prozess des Annäherns an die Digitalisierung. Sie gratulierte den Gewinnern und Gewinnerinnen des Preises für digitales Miteinander, einer Auszeichnung für digitales Engagement und Ehrenamt anlässlich des Digitaltags. "Wir brauchen eine engagierte Zivilgesellschaft, um alle bei der digitalen Transformation mitzunehmen."

In der Kategorie Digitale Teilhabe bekam das Projekt "Digital-Coaches. Digitale Hilfe für Senior:innen von Jugendlichen" von Sonay soziales Leben e. V. die Auszeichnung. Das Projekt bildet Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren zu digitalen Coaches aus, die ihr Können anschließend Senioren und Seniorinnen beibringen.

Die Kategorie Digitales Engagement gewann "Online gut beraten: anonym, traumasensibel, datensicher" des KARO e. V., eine anonyme Online-Beratung für Menschen, die Opfer schwerer Gewaltformen sind und aus unterschiedlichen Gründen keinen Zugang zu klassischen Hilfsangeboten haben.

Den Aktionstag ins Leben gerufen hat die Initiative "Digital für alle": ein Bündnis von mehr als 25 Organisationen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Wohlfahrt und öffentliche Hand, darunter der Bitkom, der Deutsche Volkshochschul-Verband und der Deutsche Landkreistag. Informationen zum Programm gibt es auf der Internetseite des Digitaltags.

Die Umfrage hat Bitkom Research im Auftrag der Initiative "Digital für alle" durchgeführt. Befragt wurden per Telefon 1004 Personen über 16 Jahre in Deutschland.

(are)