Swisscom droht Millionenbuße wegen Terminierungsgebühren

Der Mobilfunktochter Swisscom Mobile wirft die Wettbewerbskommission den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vor. Das verhängte Bußgeld von 310 Millionen Euro macht fast ein Viertel des Jahresgewinns der Swisscom aus.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Dem früheren Telecom-Monopolisten Swisscom droht eine Buße der schweizerischen Wettbewerbskommission (Weko) in Höhe von 489 Millionen Franken (310 Millionen Euro) – entsprechend einem knappen Viertel des Konzerngewinns des vergangenen Jahres von rund zwei Milliarden Franken (1,27 Milliarden Euro). Gestützt auf ein verschärftes Kartellgesetz wirft die Weko der Mobilfunktochter Swisscom Mobile vor, überhöhte Gebühren für die Weiterleitung eines Anrufs in ihr Netz ("Terminierungsentgelte") zu verlangen.

Die Swisscom sei über die Höhe der angekündigten Buße sehr überrascht, sagte Konzernchef Carsten Schloter laut dpa und wies den Vorwurf des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung zurück. Die Tarife lägen im europäischen Durchschnitt. Die Swisscom hatte die Terminierungsgebühren im vergangenen Sommer auf 20 Rappen (13 Cent) pro Minute gesenkt und neue Tarife eingeführt, um die Schweizer zu ermuntern, öfter und länger in Handynetze zu telefonieren. Swisscom Mobile hat nach eigenen Angaben seit Jahren die tiefsten Mobilterminierungsgebühren aller schweizerischen Mobilfunkanbieter, Swisscom Mobile zufolge verlangen Orange nach wie vor rund 34 Rappen (21,6 Cent) und Sunrise circa 30 Rappen (19 Cent) pro Minute für die Terminierung.

Im Oktober 2002 hatte die Weko eine Untersuchung gegen die drei Mobilfunkbetreiber Swisscom, Sunrise und Orange eröffnet. Sie kam zu dem Schluss, dass nur Swisscom Mobile eine marktbeherrschende Stellung missbraucht habe. Die Wettbewerbskommission klassifiziert ausschließlich Swisscom Mobile, nicht jedoch ihre Wettbewerber, als marktbeherrschend. Aus Sicht der Swisscom steht diese Entscheidung der Weko im Widerspruch zur Beurteilung im europäischen Umfeld. Dort seien pro Land entweder jedem oder aber keinem Anbieter eine marktbeherrschende Stellung bei der Terminierung von Anrufen in ihr Netz unterstellt worden. Swisscom Mobile ziehe zudem aus den Terminierungsgebühren gegenüber den anderen Mobilfunkanbietern keine Vorteile: Vielmehr leiste sie auf Grund des niedrigeren Preises und der höheren abgehenden Gesprächsvolumina seit Jahren Nettozahlungen an ihre Mitbewerber Sunrise und Orange, klagt die Swisscom.

Der mit 66,1 Prozent größte Eigner der Swisscom, die Schweizer Regierung (Bundesrat), will das Unternehmen verkaufen und hält es derzeit bei Zukaufaktionen im Ausland an der kurzen Leine. Im Januar hatte Konzernchef Jens Alder sein Amt wegen der Meinungsverschiedenheiten mit dem Mehrheitseigner niedergelegt. Die Schweizer Börse SWX hat unterdessen eine Untersuchung gegen den Telecomkonzern eröffnet, weil er möglicherweise einen Handel seiner Topmanager mit eigenen Wertpapieren zu spät gemeldet hat.

Auch in den EU-Ländern stehen die Terminierungsentgelte auf Initiative der Europäischen Kommission auf dem Prüfstand. In Deutschland droht den Mobilnetzbetreibern eine Vorabregulierung dieser wichtigen Einnahmequelle, wenn sie nicht kurzfristig reagieren. Der Branchenverband Breko rechnet für Deutschland mit einer Senkung der Terminierungsgebühren von derzeit 11 Cent (D-Netze) beziehungsweise 12,4 Cent pro Minute (E-Plus und O2) auf ein Niveau zwischen sieben und neun Cent. (ssu)