T-Online in der Warteschleife

Die Telekommunikationsmärkte befinden sich im Umbruch: Nicht mehr die Ausgliederung der Konzerntöchter ist gefragt, sondern ihre Reintegration. Die Telekom aber konnte die Dringlichkeit der Wiedereingliederung von T-Online nicht hinreichend belegen.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke muss sich in Geduld üben. Eigentlich hatte der Vorstandsvorsitzende des Telekommunikationskonzerns auf einen anderen Beschluss gehofft. Aber es kam, wie es sich bereits vor einigen Wochen abzeichnete: Das Darmstädter Landgericht sieht keinen Grund zur Eile und wies den Antrag der Telekom auf eine schnelle Wiedereingliederung der T-Online International AG in den Mutterkonzern zurück. Damit hängt die Tochterfirma, die im April 2000 mit großem Werberummel an die Börse gegangen war, weiter in der Warteschleife.

Bei der Telekom gibt man sich betont schmallippig: "Wir prüfen jetzt die Entscheidung des Landgerichts", sagt ein Sprecher von T-Online. Dabei habe das Unternehmen die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Zu weiteren Konsequenzen wollte sich die Telekom nicht äußern. Dass sich der Bonner Konzern aber nicht so ohne weiteres mit der Entscheidung zufrieden geben wird, ist für den Sprecher der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jürgen Kurz, so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn eine endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren kann sich nach seiner Einschätzung über Jahre hinziehen bis zum Bundesgerichtshof. "Die Fusion ist in weite Ferne gerückt", meint der DSW-Sprecher und zeigt sich zufrieden mit der Nachricht aus Darmstadt. Denn mit ihr haben sich die Chancen der klagenden T-Online-Aktionäre verbessert. Kurz: "Jetzt gibt es keine normative Kraft des Faktischen durch einen Handelsregistereintrag".

Die DSW hält wie zahlreiche andere Kleinaktionäre den Beschluss zur Verschmelzung für nicht rechtens und hat Anfechtungsklage eingereicht. "T-Online braucht keine Verschmelzung mit der Telekom, um erfolgreich zu arbeiten", meint DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker. In dem Verschmelzungsvertrag werde nicht erläutert, warum T-Online im Alleingang schlechter da stehe als unter dem Dach der Telekom.

Ob Ricke will oder nicht – die Tochterfirma T-Online wird zunächst eine selbstständig handelnde Aktiengesellschaft bleiben. Das passt so gar nicht in die strategischen Pläne des Unternehmens. Der Griff in die T-Online-Kasse, in der 4 Milliarden Euro stecken, ist der Telekom weiter verweigert. Dabei hatte für das Vorstandsteam um Ricke alles so viel versprechend begonnen: Am 9. Oktober 2004 segnete der Aufsichtsrat den Vorstandsbeschluss zur Wiedereingliederung von T-Online ab. "Nur der Weg der Fusion ermöglicht für T-Online und damit auch für die Deutsche Telekom die nachhaltige Erschließung des breitbandigen Massenmarktes", begründete Ricke den Strategiewechsel. Nicht mehr die Ausgliederung der Konzerntöchter ist gefragt, sondern ihre Reintegration. So hatten es die großen der Branche wie France Telecom, Telefonica oder Telecom Italia bereits vorexerziert.

Tatsächlich befinden sich die Telekom-Märkte national und international im Umbruch. Es geht um Konvergenz – das Zusammenwachsen von Festnetz, Mobilfunk, Internet. Das so genannte Triple Play soll es richten (Telefonie, Daten, TV über einen Anschluss, von einem Anbieter) und den Unternehmen zusätzliche Geschäfte erschließen. T-Online ist ein Baustein dazu. Doch vorerst hat ein Gericht die Pläne durchkreuzt. Wenn in den kommenden Wochen nicht noch ein Wunder geschieht, wird Ricke 2006 noch einmal als Vorsitzender des Aufsichtsrates von T-Online agieren müssen. Denn im Verschmelzungsvertrag steht geschrieben: Wird die bereits beschlossene Fusion nicht bis zum 31. Januar 2006 ins Handelsregister eingetragen, muss für das abgelaufene Geschäftsjahr eine neue Schlussbilanz erstellt werden. Die Fusion verschiebt sich um ein Jahr. Für weitere Verzögerungen gelten die gleichen Fristen. (Peter Lessmann, dpa) / (jk)