TV-Tipp: Susan Sontag – Denkerin und Diva

Susan Sontag war eine glamouröse Intellektuelle. Sie hat über die ästhetischen Grundlagen von Kunst, Fotografie und Literatur geschrieben - und sie galt als streitbare Meinungsmacherin.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von

Susan Sontag war eine glamouröse Intellektuelle. Sie hat über die ästhetischen Grundlagen von Kunst, Fotografie und Literatur geschrieben - und sie galt als streitbare Meinungsmacherin.

siehe auch:
- "Seelenfotografin" Leibovitz
- Weltbeste Pressefotos
- weitere Meldungen

Susan Sontag, geboren 1933 in New York, war nicht nur Intellektuelle, sondern zugleich ein Star, eine Kultfigur und eine Schönheit. In ihrer Rolle als "Stimme Amerikas" hat sie die Strömungen und Veränderungen unserer Epoche erklärt, über die ästhetischen Grundlagen von Kunst, Fotografie und Literatur geschrieben. Sie galt als streitbare Meinungsmacherin, als eine Vordenkerin ihrer Zeit – mit ungewöhnlicher Nachwirkung über ihren Tod (2004) hinaus.

Bekannt sind unter anderem ihre Essays über Fotografie, die in dem gleichnamigen Buch von 1977 zusammengefasst wurden. Hierin warnt sie etwa vor der abstumpfenden Wirkung der zeitgenössischen Bilderflut. "…das Foto ist hoch subjektiv. Bis hin zum Vietnam-Krieg gar fand man kaum etwas dabei, Bilder, die das Grauen dokumentieren sollten, nachzustellen oder neu zu arrangieren. Zwischen den Absichten des Fotografen und der Perspektive der Betrachter geht das Foto seinen eigenen Weg. Ruft nach Frieden oder schreit nach Rache", schreibt Susan Sontag 25 Jahre später in dem Buch "Das Leiden der anderen betrachten" von 2003.

Auf die Frage: "Warum glauben Sie nicht, dass Bilder des Schreckens dem Krieg Einhalt gebieten können?" antwortet sie 2003 in einem Sterninterview: "Bilder illustrieren nur, sie erklären nicht. Sicher, ein Foto kann zeigen, dass Menschen zu ungeheurer Grausamkeit fähig sind. Aber wer das nicht schon weiß, ist unverantwortlich naiv. Ein Bild von einem Kriegsschauplatz sagt nichts darüber aus, warum dieser Krieg geführt wird, ob er gerecht oder ungerecht ist. Dazu braucht man politisches Wissen, auch ein moralisches Wertesystem. Und das vermitteln nur Worte, nicht Bilder."

In Birgitta Ashoffs Film gibt der Schriftsteller Paul Auster ein leidenschaftliches Bekenntnis zu Susan Sontags Aktualität. Berühmte Künstlerfreunde wie Lucinda Childs, Mitsuko Uchida, Robert Wilson, Meredith Monk und Isabelle Huppert erinnern sich an sehr persönliche Begegnungen mit ihr in New York und Paris. Darryl Pinckney und Michael Krüger geben Zeugnis von Susan Sontags guten Antennen für Zeitströmungen, von ihrer Rolle als geistige Schrittmacherin ihrer Epoche.

Zentraler Drehort ist New York. In bisher unveröffentlichten Filmaufnahmen, die 2003 – kurz vor Ausbruch ihrer Krankheit – entstanden, gibt Susan Sontag einen privaten Einblick in ihre New Yorker Lebens- und Arbeitswelt. Sie führt in ihr Penthouse in Chelsea am Hudson River, in ihre schrägen chinesischen und russischen Lieblingslokale und zu ihrem japanischen Modeschöpfer. Leidenschaftlich kommentiert sie in der New Yorker Gagosian Gallery die Wechselwirkung von Kunst und Politik, im Columbia Hospital debattiert sie über "Literatur und Krankheit".

Sendetermin: Donnerstag, 04.07.2013 um 22:30 Uhr auf BR (pen)