Taiwan: Mangel an Strom und Ersatzteilen

Eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben, das mindestens 1999 Menschenleben forderte, kämpfen Taiwans Chip-Hersteller um die Aufnahme der vollen Produktion.

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Von
  • Egbert Meyer

Eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben in Taiwan arbeiten die Halbleiterproduzenten mit Hochdruck an der Reparatur ihrer Produktionsanlagen. Unser Büro in Taiwan berichtet allerdings von anhaltenden Problemen bei der Stromversorgung. Zeitweise war den Unternehmen im Hsinchu Industrial Park, dem Herz der taiwanischen IT-Produktion, nur ein Fünftel des benötigten Stroms zugeteilt worden, während in der Nacht in der Hauptstadt Taipeh alle Straßenbeleuchtungen brannten. Taiwans Stromversorger versprechen jedoch, dass sie mittlerweile 85 Prozent des Bedarfs decken können. Die Zuteilung für Hsinchu sieht vor, dass bis Freitag nächster Woche 154 Unternehmen mit mehr als 1000 kW Bedarf zwischen 7 Uhr früh und 22.30 Uhr mit 15 Prozent weniger Energie beliefert werden. Ein Manager von Taiwan Semiconductors, dem weltweit größten Chip-Hersteller, hatte bereits gestern erklärt, sein Unternehmen werde wieder voll mit Strom versorgt.

Während das Land über 1999 Todesopfer trauert, sind die taiwanischen Halbleiterhersteller offensichtlich mit einem blauen Auge davongekommen. Doch bis die Produktion wieder auf in vollen Touren läuft, kann bis zu einem Monat vergehen. Wie frühere Erdbeben in der Region gezeigt haben, ist jederzeit mit heftigen Nachbeben zu rechnen, die die Justierung und Kalibrierung der Anlagen erschweren oder unmöglich machen.

Bei vielen Chip-Produzenten wurden allerdings hochempfindliche Produktionsmittel in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem Ersatz für zerstörte Quarzglasrohre, eine Schlüsselkomponente der Vakuumöfen für die Halbleiter-Produktion, ist derzeit schwer zu beschaffen. Da diese Rohre auch bei normaler Produktion verschleißen, verfügen die Chip-Hersteller über einen Ersatzbestand. Trotzdem könnten fehlende Quarzglasrohre für längere Verzögerungen beim Wiederanlaufen der Produktion sorgen. Solche Rohre mit einem Durchmesser von einigen 10 Zentimetern werden von Spezialfirmen in Taiwan, Japan, Korea und Deutschland gefertigt. Bei Heraeus in Hanau geht man von einem großen Ersatzbedarf aus. Für Quarzrohre mit besonderen Abmessungen könnten sich dadurch Lieferzeiten von mehr als zwei Monaten ergeben.

Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Halbleitern sind weiterhin schwer abschätzbar. Nach einem Bericht von CNet soll es bei Grafik-Chips zu den spürbarsten Engpässen kommen. Schließlich kontrollierten taiwanische Unternehmen rund 80 Prozent des weltweiten Grafikchipausstoßes. Spürbar reagiert weiterhin der DRAM-Markt auf die Ereignisse in Taiwan. Vor allem Anbieter, die vom Erdbeben nicht betroffen sind, lassen die Preise für 64-Megabit-Speicherbausteine hochschnellen. Nach Erkenntnissen unserers taiwanischen Büros werden die Speicher-Chips von koreanischen Anbietern bereits für über 20 Dollar gehandelt. (em)