Tech Open Air: Die Zukunft der Musik auf dem Handy und im Remix

Eric Wahlforss, Mitgründer von SoundCloud, und der Geschäftsführer von Native Instruments, Daniel Haver, haben auf dem Startup-Festival Tech Open Air über Trends rund um digitale Musik, Mashups und Streaming debattiert.

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Tech Open Air 3 Männer

v.l.: Eric Wahlforss, Moderator Peter Kirn und Daniel Haver

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

Lesezeit: 4 Min.
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Obwohl sich der EU-Gesetzgeber nicht dahin bewegt, ein "Recht auf Remix" zu errichten, ist Eric Wahlforss, Mitgründer der Musikplattform SoundCloud, optimistisch: "Mashups und Remixe werden bald global erlaubt sein", meinte der Schwede am Mittwoch auf der Tech Open Air in Berlin. Dies sei ihm an dem ganzen Service am wichtigsten. Jeder solle damit Geld verdienen können. Wahlforss ist sich sicher: "Auch die Rechteverwerter unterstützen das inzwischen."

Da es 2007 keinen Ort gegeben habe, auf dem Musiker ihre Aufnahmen austauschen konnten, wollte SoundCloud einen solchen schaffen. "Was die Community vor allem brauchte war das Potenzial, mehr Fans zu erreichen und Geld zu verdienen", erinnert sich der 35-Jährige. Inzwischen sei sein Unternehmen dazu übergegangen, Werbetreibende und Rechteverwalter einzubinden in parallel laufenden Verfahren. Dazu kommen sollten "Kuratoren", die das SoundCloud-Reservoir mit über 100 Millionen Stücken von rund 10 Millionen Künstlern "pflegen" und zu einzelnen "Sammlungen" zusammenführen.

In den Gesprächen mit Rechteinhabern "machen wir Fortschritte", berichtete Wahlforss. Es gebe inzwischen Modelle, wie Künstler und Verwerter am Umsatz beteiligt werden, auch wenn den meisten die über das Portal verfügbare Reichweite, die Werbewirkung sowie Nutzungsdaten am wichtigsten seien. Bedeckt hielt sich der Schwede mit Details über einen geplanten Abo-basierten Streaming-Service. Er ließ sich nur entlocken, dass dieser noch in diesem Jahr voraussichtlich in den USA zunächst verfügbar sein solle.

Noch für unterbelichtet hält Wahlforss die Rolle, die Smartphones und andere Mobilgeräte künftig beim Musikmachen spielen werden. Schon heute ließen sich mit Apps Samples aufnehmen; ein vormals "reines Underground-Phänomen" werde damit allen zugänglich. "Die nächste Generation wird dies viel stärker annehmen", blickte er in eine Zukunft der ubiquitären Musikerzeugung. Die Rolle von SoundCloud sei es dabei, einen "Bewusstseinsstrom" ähnlich wie soziale Netzwerk zu unterstützen.

Dass das Online-Unternehmen einen seiner Hauptsitze nach Berlin verlegt hat, bereut Wahlforss nicht. Dort sei es fünfmal einfacher als in New York, talentierte Fachkräfte wie etwa einen App-Entwickler zu finden. Berlin sei nach wie vor ein "Magnet" für Kreative, konstatierte auch Daniel Haver, Geschäftsführer der ebenfalls an der Spree sitzenden Soft- und Hardwarefirma Native Instruments. Nicht ganz teilen wollte er dagegen die Begeisterung seines Kollegen fürs mobile Musikmachen. Erste DJs legten zwar mittlerweile nur noch mit dem iPad auf. Dafür geeignete Apps wie iMachine seien aber noch nicht auf Verbraucher ausgerichtet. Ohne Laptops und PCs komme ein DJ in dem Bereich noch nicht weit.

Native Instruments will die Welt des Auflegens von August an mit dem offenen Format Stems aufmischen. Dabei handelt es sich um mehrkanalige Audio-Dateien, die in verschiedene musikalische Elemente wie Bass, Drums, Vocals und Melodie unterteilt sind. Dadurch wird es laut Haver möglich, Effekte nur auf diese einzelnen Bestandteile anzuwenden, was die kreative Freiheit für DJs deutlich vergrößere.

Erste Stem-Tracks sollen ab nächsten Monat unter anderem über Download-Stores wie Beatport oder Traxsource verfügbar sein. Haver war nach eigenen Angaben jüngst in Japan bei Pioneer, um einen Standard rund um das Format voranzubringen. In dem "sehr freundlichen Gespräch" habe der Elektronikkonzern Unterstützung signalisiert, auch wenn noch einige technische und formelle Hausaufgaben zu erledigen seien.

Das Tech Open Air findet 2015 zum vierten Mal statt und will vor allem Gründer, Techniker, Visionäre und Geldgeber zusammenbringen. Erstmals läuft sie in einer alten Teppichfabrik in Stralau mit mehreren Vortragsschienen über zwei Tage, während am morgigen Donnerstag traditionell auch wieder zahlreiche "Satellitenveranstaltungen" an verschiedenen Örtlichkeiten in Berlin dazukommen. Die Veranstalter rechnen insgesamt mit mehreren tausend Teilnehmern. (anw)