Telcordia soll .net-Bewerbungen bewerten

Die Wahl Telcordias stößt auf Kritik, da das Unternehmen nach Meinung von Beobachtern zu eng mit einigen der bei der Neuvergabe der .net-Registry beteiligten Unternehmen verstrickt sei.

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Von
  • Monika Ermert

Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat heute bekannt gegeben, dass sie das Unternehmen Telcordia Technologies Inc. aus New Jersey als unabhängigen Gutachter für die Neuvergabe der .net-Registry ausgewählt hat. Telcordia ist ein Anbieter von Telekommunikations-Software und Services für IP, Festnetz, Mobilfunk und Kabel. Dave Sincoskie werde als Leiter eines insgesamt 10-köpfigen Evaluationsteams fungieren, das "270 Jahre geballter Industrieerfahrung mitbringt". Unterstützt werden sollen die Telcordia-Experten von einer Reihe weiterer Domain-Experten. Die Prüfung der fünf Bewerber habe bereits begonnen.

Nicht alle Bewerber dürften allerdings über die Wahl besonders glücklich sein. Telcordia verbindet nämlich als Tochterunternehmen des US-Rüstungskontraktors Science Applications International Corporation (SAIC) einiges mit dem bisherigen .net-Provider und Mitbewerber VeriSign. Den Verkauf der anderen Tochter Network Solutions an VeriSign vor knapp fünf Jahren ließ sich SAIC nämlich mit VeriSign-Anteilen und einem Sitz im VeriSign-Aufsichtsrat vergolden. Auf dem sitzt derzeit SAICs Corporate Executive Vice President William A. Roper. Sollte VeriSign die .net-Registry verlieren, spürte das also auch die Telecordia-Mutter SAIC. Ob der gerade anstehende Verkauf von Telcordia an die Investmentunternehmen Providence Equity Partners und Warburg Pincus die VeriSign-Konkurrenz zu beruhigen vermag, ist wohl höhere Investmentpoker-Mathematik.

Aus nicht-amerikanischer Sicht ist beunruhigend, dass Unternehmen SAIC und Telcordia in hohem Maß von staatlichen, wenn nicht sogar militärischen Aufträgen leben. Gerade in diesem Umfeld aber könnte die Vergabe einer großen Registry an ein Nicht-US-Unternehmen mit großer Zurückhaltung beurteilt werden. Bei der Denic gab es zunächst keinen Kommentar zur Wahl von Telcordia. Man wisse um die Projektpartnerschaften von Telcordia und VeriSign im Enumbereich, so Denic-Sprecher Klaus Herzig.

Mehrere Experten in den USA reagierten überrascht auf die Bekanntgabe. Zu eng ist Telcordia in der einen oder anderen Weise mit einigen der beteiligten Unternehmen verstrickt. .net-Bewerber Neustar setzte sich zum Beispiel im Jahr 2000 bei der Neuvergabe der Verwaltung des nordamerikanischen Nummernplanes gegen Telcordia durch. Angesichts einer solchen Gemengelage der Interessen könnte diese Entscheidung also als eine der schlechtesten in die Geschichte der ICANN eingehen, sagte ein Beobachter hinter vorgehaltener Hand. (Monika Ermert) / (anw)