TelefĂłnica will Kontonummern von o2-Kunden "pseudonymisiert" auswerten
Von dem Zugriff auf die IBAN verspricht sich Telefónica, Verbindungen zwischen Kunden herauszufinden. Die Bundesdatenschutzbehörde prüft das Vorhaben.
Mit einer "neuen Datenverarbeitungsmethode" will Telefónica Deutschland die eigenen Möglichkeiten zur Ansprache von O2-Kunden verbessern und fehlplatzierte Mehrfachofferten vermeiden. Das Unternehmen hat die von ihm versorgten deutschen Mobilfunknutzer in diesem Sinne darüber informiert, künftig "Ihre IBAN" zu nutzen. Ziel sei es zu erkennen, "ob Sie mit anderen Kunden in einer Verbindung stehen und Ihnen für den daraus abgeleiteten Bedarf passende Produkte anzubieten".
"FĂĽr beide Seiten nĂĽtzlich"
Die Auswertung der Kontonummer erfolge "pseudonymisiert", betont der Konzern auf seiner Transparenzseite und in Mitteilungen an seine Kunden. Dies geschehe auch nur, wenn die IBAN angegeben worden sei, um etwa Kontoabbuchungen per Lastschrift zu erlauben. Vom 5. September an sollen die entsprechenden DatenverknĂĽpfungen losgehen.
"Mit der Option, datenschutzkonform und besonders geschützt die genutzten IBAN in unserem Kundenbestand abzugleichen, erhoffen wir uns eine weitere Serviceverbesserung in der Kommunikation und im Vertragsverhältnis", erklärte ein Telefónica-Sprecher gegenüber heise online. Die Erkenntnis, dass zwei separate Verträge über die gleiche Kontonummer abgewickelt werden, könne für beide Seiten nützlich sein: Sollten Kunden etwa einen DSL- und einen Mobilfunkvertrag über separate Kundennummern abwickeln, lasse sich über die dahinter liegende gemeinsame IBAN beispielsweise in Marketing-Kampagnen verhindern, "dass diese Kunden Angebote zu jeweils ergänzenden Produkten erhalten".
Die ausgemachten Geschäftskontakte erhielten also etwa kein DSL-Angebot zum bestehenden Mobilfunkvertrag und umgekehrt, führt der Konzernsprecher aus. "Gleichzeitig könnten wir diesen Kunden anbieten, die Verträge zusammenzulegen, um so von Kombivorteilen zu profitieren."
Keine informierte Einwilligung nötig
Die "gesamten notwendigen Kundenstammdaten inklusive der IBAN" würden für die Auswertung so pseudonymisiert, dass "in der Analysephase keine Rückschlüsse auf natürliche Personen möglich sind", heißt es bei Telefónica. "Gleiche IBAN erhalten dabei das gleiche Pseudonym." Nur bei einem "Treffer" gleichlautender IBAN würden anlassbezogen konkrete Kampagnen zur Kundenansprache ausgespielt und für die genannten Zwecke ausgewertet und verknüpft.
Telefónica beruft sich auf Artikel 6 Absatz 1f der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), also auf die eigenen "berechtigten Interessen". Dazu gibt es nur eine Widerspruchsmöglichkeit (Opt-out). Das Einholen einer informierten Einwilligung hält das Unternehmen folglich nicht für erforderlich.
Der betreffende Artikel erfordert eine sorgfältige Güterabwägung; dabei müssen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten betroffener schutzwürdiger Personen gewahrt werden. Die niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel sah diese Auflage in einem anderen Fall rund um eine bessere Kundenansprache bei der Hannoverschen Volksbank vor Kurzem nicht gewahrt und verhängte eine Geldbuße in Höhe von 900.000 Euro. Auf Twitter wird bereits heftig diskutiert darüber, ob das O2-Projekt der erforderlichen Interessenabwägung standhalten könnte – die Tendenz ist eher negativ.
Bundesdatenschutzbeauftragter ist informiert
"Das grundsätzliche Einverständnis zur Verarbeitung der Bestandsdaten bei den adressierten Kunden wurde im Zuge des Vertragsabschlusses bereits eingeholt", hebt der Telefónica-Sprecher dagegen hervor und verweist auf eine entsprechende Übersichtsseite zur O2-Datennutzung. Darin behält es sich der Mobilfunkbetreiber vor, "bestimmte Bestandsdaten" zu nutzen, "soweit es erforderlich ist, um ihnen für ihren individuellen Bedarf passende O2-Produkte anzubieten".
"Entsprechend benötigen wir keine explizite erneute Einwilligung", erläutert der Sprecher. Der Anbieter informiere aber im Sinne der Transparenzvorschriften aus dem Telekommunikationsgesetz (TKG) über diesen erweiterten Nutzungszweck und gebe eine zusätzliche Chance auf Widerspruch. Dafür sei eine entsprechende Interessenabwägung durchgeführt worden: "Im Zuge der Konzeption dieses Verfahrens haben wir alle datenschutzrechtlichen Aspekte intensiv betrachtet, notwendige Maßnahmen und Abstimmungen eingeleitet und die Rechtskonformität geprüft."
Telefónica habe den Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber über das IBAN-Vorhaben informiert, erklärte ein Sprecher der Aufsichtsbehörde gegenüber heise online. Eine Datenschutz-Folgeabschätzung liege nicht vor, der Prozess sei nicht "freigegeben" worden. Kelber und sein Team prüften aktuell die vorliegenden Informationen und tauschten sich dazu mit dem Unternehmen aus.
(mho)