Telekom-Chef bleibt in der Schusslinie

Der jüngste Beschluss des Telekom-Aufsichtsrats, Kai-Uwe Ricke den Rücken zu stärken, passt nicht zusammen mit den immer wieder aufkommenden Gerüchten, Ricke werde seinen Posten bald räumen müssen. Der Betroffene selbst zeigt keine Amtsmüdigkeit.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Droht Kai-Uwe Ricke nun das Schicksal seines Vorgängers Ron Sommer? Um den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom und seine Zukunft als oberster Konzernboss brodelt in diesen Tagen wieder einmal die Gerüchteküche. Dass Springer-Chef Matthias Döpfner jetzt nach nur wenigen Monaten den Aufsichtsrat wieder verlässt, liefert Stoff für neue Spekulationen – auch wenn es zur Begründung heißt, es solle lediglich die Gefahr von Interessenkonflikten wegen seiner Berufung auch beim US-Medienhaus Time Warner gebannt werden.

Und so kommt der größte europäische Telekom-Konzern nicht aus den Schlagzeilen. Seit der Gewinnwarnung im August und dem Eingeständnis, dass der Vorstand die Geschäftsentwicklung im Inland falsch eingeschätzt hat, steht der 44-jährige Ricke unter Dauerbeschuss. Angeblich fordern Aufsichtsratsmitglieder den Kopf des Managers, den sie für die dauerhaft schwächelnde T-Aktie verantwortlich machen.

Allerdings passen diese Meldungen nicht unbedingt zusammen mit dem jüngsten Beschluss den Aufsichtsrates, Ricke den Rücken zu stärken und sein Sieben-Punkte-Programm abzusegnen. "Das wäre völlig unlogisch", sagt Theo Kitz, Analyst von Merck Finck & Co Privatbankiers über eine mögliche Ablösung des Telekom-Chefs. Das Kontrollgremium habe Ricke ohne Wenn und Aber unterstützt, über Personalien sei überhaupt nicht gesprochen worden. Auch der Betroffene zeigt keine Amtsmüdigkeit. Ricke spricht von einem Marathon, den das gesamte Vorstandsteam zu laufen bereit ist, um den Konzern wieder in Schwung zu bringen.

Trotzdem: Spekulationen, dass sein Fünfjahresvertrag ein Jahr vor Ablauf in diesem Herbst nicht erneuert werden könnte, flammen immer wieder auf. Als treibende Kraft im Hintergrund wird der US-Investor Blackstone genannt, der seit einigen Monaten 4,5 Prozent des Aktienkapitals der Telekom besitzt und mit einer Stimme im Aufsichtsrat vertreten ist.

Blackstone hat binnen weniger Monate viel Geld durch den Kursverfall verloren und fordert ein härteres Durchgreifen. Blackstone übe einen "unglaublichen Druck" auf den Bonner Konzern aus, zitierte das Handelsblatt am heute Telekom-Kreise. Offiziell weisen die US-Amerikaner allerdings entschieden zurück, die Ablösung von Ricke gefordert zu haben. Und ein Telekom-Sprecher sekundiert: "Es liegen uns keine Aussagen von Blackstone vor, dass Ricke abgelöst werden soll".

Für Lothar Schröder, ver.di-Vorstand und stellvertretender Aufsichtsratschef der Telekom, ist Blackstone alles andere als ein Kleinaktionär. Wenn der Investor im Zuge des geplanten Verkaufs von Bundesvermögen im kommenden Jahr weitere Anteile hinzukauft, könnte sein Einfluss zunehmen. Tatsächlich gilt die Telekom beim derzeitigen Kursniveau der T-Aktien und einem Börsenwert von rund 50 Milliarden Euro als stark übernahmegefährdet, wenn der Bund sich weiter zurückzieht.

"Für uns hat die Telekom vor allem mit Gemeinwohl, Infrastruktur und Investitionen in die Zukunft zu tun", unterstreicht ver.di-Mann Schröder. Er kritisiert, dass der Konzern einseitig auf Stellenabbau setzt und Vertrieb, Service und Innovationskraft vernachlässigt. Außerdem würden zu viele Dinge gleichzeitig gemacht: IT umkrempeln, Teile des Unternehmens auslagern, Organisationen verändern, den Mitarbeitern eine Fastenkur verordnen und Arbeitsplätze abbauen.

Ricke hat allerdings kaum Alternativen, wenn er den rosa Riesen zum ertragreichsten Telekom-Konzern in Europa machen will. In seinem Programm "Telekom 2010" hat sich der Manager neben der Umstellung des Netzes auf IP-Technik vor allem die Verbesserung des Kundenservice auf die Fahnen geschrieben. Dafür hat er Mobilfunkchef René Obermann in die Pflicht genommen. Der neue starke Mann der Telekom und enge Ricke-Vertrauten wird künftig für den gesamten stationären Verkauf in Deutschland verantwortlich sein. Er soll die Rivalitäten zwischen T- Com und T-Mobile endlich beenden. (Peter Lessmann, dpa) / (anw)