Temu und Shein: Produkte hundertfach giftiger als erlaubt

Unfruchtbar machende Weichmacher und andere giftige Stoffe: Produkte von Temu und Shein stoßen auch Südkorea bitter auf.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 75 Kommentare lesen
Kartons für Warensendungen

(Bild: Natee Photo/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Südkoreanische Behörden haben Produkte von den chinesischen Billiganbietern Shein, Temu und AliExpress untersucht. Die Ergebnisse waren wenig überraschend, aber dennoch erschreckend: In einem Paar Schuhe haben die Tester einen 229-fach höheren Wert an Phtalaten gefunden, als erlaubt ist. Die Weichmacher können unfruchtbar machen und Frühgeburten verursachen – das bestätigt ein Beamter der südkoreanischen Gesundheitsbehörde der Zeitung The Strait Times.

Insgesamt haben die Behörden 144 Artikel bestellt und untersucht. Die meisten entsprachen laut der Zeitung nicht den gesetzlichen Anforderungen. Enthalten waren auch Chemikalien, die als krebserregend gelten. Zwei Nagellacke von Shein enthielten das 3,6-fache vom erlaubten Dioxan – die Flüssigkeit soll ebenfalls krebserregend sein, aber auch zu Lebervergiftungen führen können. Zudem lag die Methanol-Konzentration um das 1,4-fache höher, als erlaubt ist.

Shein soll auf die Vorwürfe bereits reagiert haben. Sie arbeiten nach eigenen Aussagen eng mit internationalen Testern zusammen, um sicherzustellen, dass Produkte den Standards entsprechen. Konkret sagen sie, "um sicherzustellen, dass die von den Lieferanten gelieferten Produkte den Produktsicherheitsstandards von Shein entsprechen" – das heißt, Shein sieht die Verantwortung eher bei den Produzenten als bei sich selbst. Auch Temu sagt, man habe aufgrund der Funde eine interne Untersuchung eingeleitet.

Die EU hat sich erst kürzlich die chinesischen Marktplatz-Betreiber vorgenommen. Sie verlangen Auskunft über die umstrittenen Praktiken der Shops. Dabei beruft sich die EU auf den Digital Services Act (DSA), der Regeln für Marktplatz-Betreiber vorsieht. Dazu gehört, dass sogenannte Dark Patterns verboten sind, also eine Gestaltung der Seite, die dazu verleitet, bestimmte Handlungen vorzunehmen. Darunter könnten die zahlreichen Glücksspiele auf den Plattformen gehören, bei denen man beispielsweise Prozente oder gar einen Gratis-Einkauf gewinnen kann. Es steht der Vorwurf im Raum, dass die Produkte samt Versand von der chinesischen Regierung finanziell unterstützt werden. Mit dem Dumping sollen Konkurrenten wie Amazon geschwächt werden.

Pflicht sind nach DSA aber auch Meldemechanismen für etwa fehlerhafte Angebote und Maßnahmen zum Jugendschutz. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte den Temu-Betreiber Whaleco sowie Shein abgemahnt – beide haben Unterlassungserklärungen abgegeben. Für die eigentliche Durchsetzung des DSA sind jedoch die Aufsichtsbehörden zuständig.

Der bisherige Platzhirsch Amazon sieht sich von der chinesischen Konkurrenz offenbar angegriffen. Als Reaktion plant Amazon angeblich einen eigenen Billigshop, der direkt aus China liefert. Medien sollen eine Präsentation eingesehen haben, die sich an chinesische Hersteller richtete. Ein potenzieller Startschuss wird für den Herbst in den USA erwartet. Chinesische Produkte sind keine Neuheit bei Amazon – weder über Amazons Logistikzentren noch als Direktversand über die Warehouse-Seiten. Neu wäre eine eigene Startseite für Billigprodukte, die direkt von den Herstellern aus China an die Konsumenten verschickt würden.

(emw)