Tim Cook reagiert auf EU-Steuerurteil: "Apple größter Steuerzahler der Welt"

Die EU-Kommission wolle "das internationale Steuersystem umstülpen", schreibt der Konzernchef in einem öffentlichen Brief, es habe nie einen speziellen Deal für Apple gegeben. Der Konzern soll bis zu 13 Milliarden Euro an Steuern nachzahlen.

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Tim Cook

Apple-Chef Tim Cook auf einer US-Senatsanhörung zu Steuerpraktiken des Konzerns.

(Bild: dpa, Shawn Thew)

Lesezeit: 5 Min.
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Nach der Entscheidung der EU-Kommission im Steuerstreit mit Apple hat sich CEO Tim Cook in einem öffentlichen Brief an die "Apple Community in Europa" gerichtet. "Die Kommission versucht, Apples Geschichte in Europa neu zu schreiben, irische Steuergesetze zu ignorieren und dabei das internationale Steuersystem umzustülpen", betont Cook. Der Vorwurf, Apple haben einen Spezial-Deal von Irland in Hinblick auf die Besteuerung erhalten habe "weder faktisch noch juristisch Bestand".

Apple befinde sich nun in der "unüblichen Situation, Steuern an eine Regierung nachzahlen zu müssen, die dies gar nicht verlangt", führt Cook aus. Bei der Untersuchung der Kommission gehe es im Kern gar nicht darum, wie viel Steuern der iPhone-Konzern zahle, sondern welche Regierung diese kassieren dürfe. Zugleich betont der Konzernchef, Apple sei inzwischen nicht nur der größte Steuerzahler in Irland, sondern auch in den USA sowie auf der ganzen Welt.

Die Entscheidung der Kommission könne sich negativ auf Investitionen und den Job-Markt in Europa auswirken, warnt Cook zugleich, schließlich müsse jede Firma plötzlich "Steuernachzahlungen durch Gesetze fürchten, die niemals existiert haben." Apple wolle aber weiter in Irland investieren.

Apple habe in Irland über viele Jahre erheblich weniger Steuern zahlen müssen als andere Unternehmen, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zuvor in Brüssel. Die Entscheidung der Kommission solle eine klare Botschaft senden, dass Staaten einzelne Unternehmen nicht bevorzugen dürften.

Die Kommission argumentiert, als Folge der Vereinbarungen in Irland habe der Konzern auf die Gewinne der Handelstochter Apple Sales International einen effektiven Körperschaftsteuersatz gezahlt, der von einem Prozent im Jahr 2003 auf 0,005 Prozent im Jahr 2014 gesunken sei. “Das ist eine komplett aus der Luft gegriffene Zahl”, kritisierte Apple-Finanzchef Luca Maestri anschließend. Apple Sales International ist der offizielle Verkäufer aus Asien eingeführter Apple-Geräte in Europa, Afrika, dem Nahen Osten und Indien.

Bei den Steuerdeals sei für zwei Tochterfirmen in Irland eine Methode zur Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne gebilligt worden, “die nicht der wirtschaftlichen Realität entsprach”, so Vestager. Nahezu die gesamten im Verkaufsbereich erwirtschafteten Gewinne seien intern einem “Verwaltungssitz” zugewiesen worden. Die Prüfung der Kommission habe jedoch ergeben, dass diese “Verwaltungssitze” nur auf dem Papier bestanden hätten.

Apple kontert, damit seien Bereiche in den USA gemeint, unter anderem Forschungsabteilungen und in vielen Fällen die Firmenzentrale in Cupertino. “Was sich an diesen Verwaltungssitzen befindet, sind die Kronjuwelen”, gab Chefjurist Bruce Sewell in einer Telefonkonferenz zu Protokoll. Die Kommission habe das bewusst ignoriert und das Verfahren sei “grob unfair” gewesen. ”Natürlich werden wir in Berufung gehen”, kündigte Sewell an. ”Das wird sich voraussichtlich über mehrere Jahre hinziehen".

Auch die irische Regierung widersprach dem Vorwurf. "Irland hat Apple keine Steuervorteile gewährt", hieß es in einer Stellungnahme am Dienstag. Sämtliche fällige Steuern seien bezahlt worden und es seien keine unerlaubten staatlichen Beihilfen gewährt worden. Der Bescheid der Brüsseler Behörde solle nun im Detail geprüft werden, um einen gerichtlichen Einspruch vorzubereiten. "Es ist nicht angebracht, dass EU-Beihilfevorschriften in dieser beispiellosen Art und Weise genutzt werden", kritisierten die Iren. Steuern seien Sache der einzelnen EU-Staaten.

Apple lässt bereits seit Jahrzehnten einen erheblichen Teil des weltweiten Geschäfts über Tochterunternehmen in Irland laufen, die Struktur gibt es seit 1980. Apple sitzt auf Geldreserven von aktuell gut 230 Milliarden Dollar. Über 90 Prozent davon lagern außerhalb der USA, zu großen Teilen auch in Irland. Anleger nahmen die Entscheidung gelassen auf: Die Apple-Aktie gab vorbörslich lediglich um gut ein Prozent nach.

[Update 30.08.2016 16:55 Uhr] Cooks Brief liegt auch in einer deutschen Fassung vor.

[Update 30.08.16 18:25 Uhr:] Apple hat zusätzlich zu Cooks Schreiben auch eine kurze FAQ für Investoren publiziert. Darin heißt es, die Entscheidung der EU-Kommission sei nicht endgültig und man rechne nicht damit, dass diese Auswirkungen auf Apples Cash-Position haben werde.

Allerdings geht das Unternehmen davon aus, dass der Streit noch mehrere Jahre andauern wird. Apple rechne damit, dass währenddessen "eine Summe Geld" auf ein Sperrkonto überwiesen werden müsse. Die Höhe kenne man aber noch nicht. "Wir erwarten kurzfristig keine Auswirkungen auf unser Finanzergebnis oder ein Restatement früherer Finanzergebnisse", so Apple.

Die Apple-Aktie war am Dienstagabend leicht im Minus. (lbe)