Time Warner baut sich um

Konzernchef Jeff Bewkes kündigte zur Vorstellung des Jahresergebnisses an, dass sich Time Warner neu aufstellen werde. Die Zukunft von AOL ist weiter ungewiss.

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Der weltgrößte Medienkonzern Time Warner rechnet für das laufende Jahr mit einem langsameren Gewinnwachstum. Der neue Konzernchef Jeff Bewkes will zudem den Medienriesen mit Filmstudios, Print-Titeln, TV-Sendern und AOL-Internetsparte neu aufstellen. Time Warner solle die richtigen Geschäfte in der passenden Konzernstruktur betreiben, kündigte der seit Januar amtierende Bewkes heute in New York an. Die Kosten sollen zudem scharf überprüft werden.

Im vergangenen Jahr kletterte der Betriebsgewinn vor zahlreichen Sondereffekten laut Mitteilung (PDF-Datei) um 17 Prozent auf 12,9 Milliarden US-Dollar (8,8 Milliarden Euro). In diesem Jahr soll er lediglich um bis zu 9 Prozent steigen. Der Umsatz legte 2007 um 6 Prozent auf 46,5 Milliarden Dollar zu. Für Wachstum sorgten besonders die Filmsparte etwa dank "Harry Potter" und das Kabelgeschäft. Bei AOL hingegen kämpft Time Warner weiter mit massiven Problemen.

Unter dem Strich verdiente Time Warner 2007 allerdings mit 4,4 Milliarden Dollar deutlich weniger als im Vorjahr (6,6 Mrd Dollar). Damals waren unter anderem hohe Einmalgewinne aus Verkäufen etwa der AOL-Internetzugänge in Deutschland angefallen. Auch im vierten Quartal sank der Überschuss deshalb um mehr als 40 Prozent auf 1,0 Milliarden Dollar. Ohne Sondereffekte stieg das operative Ergebnis hingegen um 16 Prozent auf 3,5 Milliarden Dollar.

Time Warner traf mit seinen Ergebnissen die Erwartungen der Analysten. In den vergangenen 12 Monaten verlor das Unternehmen fast ein Drittel seines Börsenwerts.

Die Zukunft von AOL ist weiter ungewiss. Im Jahr 2000 war die Fusion von AOL mit Time Warner als Jahrhundertehe zwischen neuen und alten Medien gepriesen worden. Heute gilt sie als Paradebeispiel einer misslungenen Fusion. Time Warner betreibt seit Längerem den AOL-Umbau vom bezahlten Zugangsgeschäft, das in Europa schon verkauft wurde, zum werbefinanzierten Portal. Heute wurde beispielsweise bekannt, dass AOL den Marketingdienstleister buy.at kauft. Zum Jahresende hatte AOL in den USA noch 9,3 Millionen Abonnenten und damit 3,8 Millionen weniger als ein Jahr zuvor.

Angesichts des aktuellen Übernahmeangebots von Microsoft für den Internet-Konzern Yahoo wird derzeit auch über eine Gegenofferte von Time Warner zur Stärkung von AOL spekuliert. Analysten halten aber genauso gut einen kompletten Verkauf von AOL für denkbar.

Die Wall Street erwartet von Bewkes grundsätzliche strategische Entscheidungen zur Zukunft des Medienriesen. Spekuliert wird über eine Konzentration aufs Kerngeschäft und den lukrativen Verkauf von Konzernteilen wie der bereits börsennotierten Kabelsparte. Time Warner Cable ist der zweitgrößte US-Anbieter, und der Konzern hält noch eine Mehrheit. Daneben gehören zum Konzern unter anderem Filmstudios wie Warner Brothers, Magazine wie Time und Fortune sowie zahlreiche TV-Sender wie zum Beispiel CNN. Der im Dezember gestartete Film I Am Legend hat bis zum 3. Februar allein 550 Millionen US-Dollar durch die Kinokassen gespült.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Time Warner in US-Dollar

Quartal Umsatz Netto-Gewinn/
-Verlust
4/00 10,23 Mrd. -1,09 Mrd.
1/01 9,1 Mrd. -1,4 Mrd.
2/01 9,2 Mrd. -0,734 Mrd.
3/01 9,3 Mrd. -0,996 Mrd.
4/01 10,6 Mrd. -4,9 Mrd.
1/02 9,76 Mrd. -54,2 Mrd.
2/02 10,2 Mrd. 0,394 Mrd.
3/02 10,0 Mrd. 0,057 Mrd.
4/02 10,25 Mrd. -44,6 Mrd.
1/03 10 Mrd. 0,396 Mrd.
2/03 10,8 Mrd. 1,1 Mrd.
3/03 10,3 Mrd. 0,541 Mrd.
4/03 10,9 Mrd. 0,638 Mrd.
1/04 10,1 Mrd. 0,961 Mrd.
2/04 10,9 Mrd. 0,777 Mrd.
3/04 10 Mrd. 0,499 Mrd.
4/04 11,1 Mrd. 1,127 Mrd.
1/05 10,48 Mrd. 0,963 Mrd.
(0,915 Mrd.*)
2/05 10,7 Mrd. -0,409 Mrd.**
3/05 10,5 Mrd. 0,897 Mrd.
4/05 11,9 Mrd. 1,366 Mrd.
1/06 10,455 Mrd. 1,455 Mrd.
2/06 10,708 Mrd. 1,007 Mrd.
3/06 10,912 Mrd. 2,322 Mrd.
4/06 12,5 Mrd. 1,75 Mrd.
1/07 11,184 Mrd. 1,203 Mrd.
2/07 10,980 Mrd. 1,067 Mrd.
3/07 11,676 Mrd. 1,09 Mrd.
4/07 12,642 Mrd. 1,031 Mrd.
* Von Time Warner neu herausgegebene Bilanzsummen aufgrund der seit 1. Janur 2006 gültigen Bilanzierungsregeln für Mitarbeiter-Aktienprogramme nach FAS123R
** Time Warner legte im 2. Quartal 2005 3 Mrd. US-Dollar für Rechtsstreitigkeiten zurück.
(anw)