Verschollenes Tauchboot Titan wird von altem Logitech-Controller gesteuert

Ein Logitech-Controller steuert das verschollene U-Boot Titan. Die Verwunderung ist groß – dabei werden ähnliche Gamepads auch bei Militärfahrzeugen eingesetzt.

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Der Kontakt mit dem OceanGate-Tauchschiff Titan ist am Sonntag abgebrochen.

(Bild: OceanGate)

Lesezeit: 4 Min.

Das auf dem Weg zum Wrack der Titanic verschwundene Tauchboot Titan wird mit einem Logitech-Gamepad gesteuert. Das zeigen zahlreiche Videos des Betreibers OceanGate und Aufnahmen unabhängiger Medien. Im Netz hagelt es Spott über die vermeintlich primitive Hardware, die derart anspruchsvolle Tauchgänge steuern soll. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass Spiele-Controller bei komplexen Fahrzeugen zum Einsatz kommen – etwa beim Militär.

In einem BBC-Video demonstriert OceanGate-Gründer Stockton Rush, der zu den fünf Besatzungsmitgliedern der verschollenen Titan gehört, den Steuer-Controller. Rush beschreibt ihn als "Game Controller von Logitech im Stil der Sony Playstation". Tatsächlich handelt es sich um das 2010 vorgestellte und 2011 veröffentlichte Modell Logitech Wireless Gamepad F710, das heute noch für 40 Euro bei Online-Händlern wie Amazon erhältlich ist. Die beiden Thumbsticks hat OceanGate mit Kegeln verlängert, was wohl präzisere Eingaben ermöglichen soll. Ansonsten scheint der Controller zumindest äußerlich weitgehend unangetastet. Auf seinem Youtube-Kanal hat OceanGate ein 360-Grad-Video aus dem Inneren des U-Boot-Typen Cyclops 1 veröffentlicht, das die Steuerung mit dem Gamepad zeigt.

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Auf den ersten Blick wirkt die Gamepad-Steuerung des Tauchboots notdürftig improvisiert. Tatsächlich setzt aber auch das US-Militär auf modifizierte Gamepads, um Teile ihres Equipments zu kontrollieren. Beispielsweise werden die Periskope auf U-Booten der Virginia-Klasse mit Xbox-360-Gamepads gesteuert. Die eingesetzten Controller seien denen ähnlich, die man im Laden kaufen kann, schreibt das US-Militär in einem internen Magazin (pdf).

OceanGate setzt den Logitech F710 ein, um seine Tauchboote zu steuern. Auch das verschollene U-Boot Titan wird mit diesem Gamepad gelenkt.

(Bild: Logitech)

Mit dem Einsatz kommerziell erhältlicher Hardware wolle man einerseits Kosten sparen und andererseits die bei Soldaten bereits vorhandenen Talente ausnutzen. Immerhin seien viele Mitglieder der Navy mit Xbox-Controllern groß geworden und wüssten genau, wie man sie bedient. Der 2005 erschienene Xbox-360-Controller, den das US-Militär zum Steuern der Periskope auf U-Booten einsetzt, ist dabei sogar noch älter als das von OceanGate gewählte Modell von Logitech.

Es gibt weitere Beispiele für den Einsatz von Spielecontrollern in Militärfahrzeugen: Der israelische Panzer Carmel wird komplett von einem Xbox-Controller gelenkt, britische Soldaten können das Geländefahrzeug Polaris MRZR mit einem Gamepad fernsteuern. Das US-Militär hat sogar damit experimentiert, Roboter mit einem Wii-Controller zu kontrollieren. OceanGate ist also nur einer von vielen Fahrzeugentwicklern, die Gamepads für die Steuerung ihrer Produkte verwenden.

Nicht zuletzt eignen sich ursprünglich fürs Videospielen entwickelte Controller auch dazu, Drohnen zu steuern. So will etwa die russische Söldnertruppe Wagner Gamer für die Steuerung unbemannter Drohnen im Angriffskrieg gegen die Ukraine rekrutieren.

Das Tauchboot Titan hat am 18. Juni einen Tauchgang zum Wrack der 1912 gesunkenen RMS Titanic aufgebrochen. An Bord befinden sich neben OceanGate-Chef Stockton Rush vier Touristen, die Preise von bis zu 250.000 US-Dollar für die Tauchfahrt gezahlt haben sollen. Der Kontakt zum U-Boot brach am Sonntag ab. Seitdem versuchen von der US-Küstenwache koordinierte Rettungskräfte, das Unterseeboot zu orten. Bislang waren die Bemühungen erfolglos. Die Luftvorräte an Bord der Titan sollen laut Betreiber für 96 Stunden ausreichen, mittlerweile bleiben davon weniger als 30 Stunden. Das Wrack der Titanic liegt südöstlich von Neufundland in 3800 Metern Tiefe. Schon in der Vergangenheit stand OceanGate in der Kritik: 2018 hatte das Unternehmen einen Mitarbeiter gefeuert, nachdem er sich mit Sicherheitsbedenken an die Geschäftsführung gewandt hatte.

(dahe)