Tongas Unterseekabel auf über 100 Kilometern zerstört

Ein Vulkanausbruch hat Tonga offline genommen. Die Reparatur des Unterseekabels gestaltet sich schwierig, Tonga muss sich Kabel ausleihen.

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Strand - aus dem Boden kommt ein dickes Metallkabel, das in einer Plastikummenatellung endet

Das Symbolfoto zeigt das Ende eines "antiken" Unterseekabels auf Isle Madame, Neuschotland, Kanada.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Seit fünf Wochen ist Tongas Internetkabel nach einem Vulkanausbruch unterbrochen, womit auch das örtliche Mobilfunknetz keine Datendienste bereitstellen kann. Geostationäre Satelliten stellen für besonders wichtige Kommunikation etwa 250 Mbit/s Bandbreite zur Verfügung – ein Achtel des Bedarfs. Seit Wochen versucht die Besatzung des Kabelschiffs Reliance, das Unterseekabel zu finden und zu reparieren. Sie hofft, Tonga Anfang kommender Woche wieder online zu bringen.

Zum Unglück der Tongaer ist das internationale Kabel nicht bloß an einer Stelle unterbrochen, sondern in zahlreiche Stücke zerteilt worden, die noch dazu kilometerweit geschleudert wurden. Grund dürfte ein gewaltiger Untersee-Hangrutsch über eine Stunde nach dem heftigen Vulkanausbruch in Tonga vom 15. Januar gewesen sein.

Das internationale Kabel verbindet Tongatapu mit Fidschi. Es ist 839 Kilometer lang. Die ersten 691 von Fidschi nach Tonga sind wohl in Ordnung, die restlichen 36 Kilometer auch. Die 112 Kilometer dazwischen sind seit dem 15. Januar Stückwerk. Während das Tonga-nahe Ende bald gefunden war, gestaltete sich die Suche nach dem Fischdi-wärtigen Ende wesentlich aufwendiger. Zunächst hat unruhige See die Arbeit behindert, dann musste die Reliance in immer tieferen Gewässern suchen – und kilometerweit weg von dort, wo das Kabel ursprünglich gelegt wurde.

Teilweise liegen die Kabelstücke auch unter frischen Sedimenten, weshalb sie mit dem Tauchfahrzeug schwer auszumachen sind. Die Aufgabe gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Und selbst als das Fidschi-wärtige Ende des Kabels gefunden war, musste die Besatzung Geduld aufbringen. Erst im achten Anlauf konnte das Kabelende gehoben werden, berichtet Matangi Tonga Online. Gelungen ist das erst vergangenes Wochenende.

Noch nicht gefunden wurde ein 55 Kilometer langes Zwischenstück – und das wäre besonders wertvoll, befindet sich darin doch ein 230.000 Dollar teurer Repeater. Die staatliche Betreiberfirma Tonga Cable hofft, dass der Repeater gefunden wird und noch funktioniert. Die Reparaturkosten summieren sich nämlich ohnehin. Je länger das Kabelschiff im Einsatz ist, umso teurer wird die Sache.

Wie das finanziert wird, ist noch offen – Tonga ist kein vermögendes Land. An die 40 Prozent des gesamten "Bruttoinlandsprodukts" besteht aus Geldüberweisungen Angehöriger aus dem Ausland. Und selbst die fließen derzeit nicht: Die Überweisungen laufen über Apps von Anbietern wie Western Union und MoneyGram. Seit es keinen Mobilfunkdatendienst mehr gibt, können die Tongaer ihre Überweisungen nicht abheben. Gleichzeitig sind ihre Ausgaben enorm gestiegen: Die Asche des Vulkanausbruchs hat Trinkwasser, Felder und Gärten vergiftet, der Tsunami viele Nutztiere getötet. Also müssen die Einwohner nun Lebensmittel und sogar Trinkwasser teuer einkaufen, vom Baumaterial für den Wiederaufbau ganz zu schweigen.

Dennoch hofft die Reliance, das Kabel am Sonntag flicken zu können, damit die Hauptinsel Anfang der Woche wieder Internetzugang genießt. Allerdings hat Tonga Cable für so eine große Strecke nicht genügend Kabel auf der Reliance gebunkert. Daher muss die Firma bei anderen Netzbetreibern, die ebenfalls Kabel auf der Reliance vorhalten, um Kabel-Leihgaben bitten, mit dem Versprechen, sie später zu ersetzen. Ein riskanter Deal für die Kabelbesitzer.

SpaceX-Chef Elon Musk wollte helfen, Tonga mittels Starlink-Satelliten wieder ans Internet anzuschließen. Die notwendige Bodenstation sollte auf Fidschi entstehen – allerdings ist das so weit weg, dass sich Starlink für Tongas Internet als zu wenig, zu spät, erweisen dürfte. Bodenstationen auf Niue und Vava'u hätten Tonga mehr gebracht, meint der deutsche Experte Ulrich Speidel.

Ein nationales Unterseekabel verbindet die Hauptinsel Tongatapu mit anderen bewohnten Inseln. Dieses Binnenkabel wurde direkt vom Vulkanausbruch unterbrochen, die Reparaturarbeiten haben noch gar nicht begonnen. Vielleicht bekommt Elon Musk also doch noch Gelegenheit, zu helfen: auf den kleineren Inseln des Königreichs Tonga. Soweit bekannt, sind dort aber noch keine Starlink-Terminals eingetroffen.

(ds)