Touch vs. Pointer: Googles Schlingerkurs bei Mobil-API

Apples Touch oder Microsofts Pointer? Was wie ein unbedeutendes Detail für Webentwickler klingt, ist ein zentraler Schauplatz der Kämpfe ums mobile Web.

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Samsung Smartphones

(Bild: dpa, Stephanie Pilick)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Herbert Braun

Google wird, wie bereits gemeldet, künftig in Chrome Pointer Events unterstützen. Was wie ein unbedeutendes Detail für Webentwickler klingt, ist die jüngste überraschende Wendung eines Kampfes um die Hoheit über das mobile Internet. Der einflussreiche Browser-Experte Peter Paul Koch spricht in einem wütenden Artikel von einem "Tauziehen zwischen Apple und dem offenen Web" – und für Letzteres steht in diesem Konflikt ausgerechnet Microsoft.

Geräte, die sich per Touch-Screen bedienen lassen, ermöglichen Interaktionen, die sich nicht als Mausklick oder Hover verstehen lassen, insbesondere Gesten mit einem oder mehr Finger. Als Pionier für diese Art von Geräten setzte Apple wesentliche Webstandards fürs mobile Web, darunter auch Touch Events. Die meisten Mobilgeräte-Browser sowie Google Chrome unterstützen diesen vom W3C abgesegneten Standard.

Inzwischen erlauben viele Geräte unterschiedliche Eingabearten, zum Beispiel Maus plus Touch oder Touch plus Stift. Um von der Bindung an eine Geräteart wegzukommen und auch mit zukünftigen Eingabemethoden umgehen zu können, entstand die Spezifikation Pointer Events, die seit einem Monat ebenfalls als W3C-Empfehlung vorliegt. Ein weiterer Vorteil: Pointer Events verhindern, dass beim Scrollen die Skript-Ausführung stockt. Die Idee zu Pointer Events und die erste Implementierung (im IE10) kam von Microsoft; Mozilla ist zumindest nicht abgeneigt.

Pointer Events gelten allgemein als das überlegene Konzept, drohen jedoch, an den Marktrealitäten zu scheitern: Apple blockiert den Standard. Marktführer bei Mobilgeräten ist aber längst ein anderer: Auf gut drei Viertel aller Smartphones und Tablets läuft Googles Android .

Google hatte 2012 geplant, Pointer Events in Chromium einzuführen, rückte aber 2014 davon wieder ab, denn "Touch events are here to stay". Google beugte sich damit Apple und stärkte Safaris Position im mobilen Web.

Peter Paul Kochs Aufruf, die Entwickler müssten Druck auf Google ausüben, scheint jedoch gewirkt zu haben: Seit Mittwoch sind Pointer Events wieder ein offenes Feature in Chromium – trotz "bestehender Bedenken" wegen Performance-Beeinträchtigung. Unterstützung bei der Umsetzung erhielt Google aus Microsofts IE-Team. Ein bisschen Geduld ist aber noch nötig: "Wir erwarten, dass die Implementierung eine Weile dauert." (vbr)